Kulturelle Bildung ist ein Menschenrecht – Wir jungen Musiker sind ihre Verteidiger

20. April 2015 - 08:00 Uhr

Von Luise Rau (20), TONALi-Stipendiatin 2015

Dass TONALi weitaus mehr als ein Wettbewerb ist, wurde uns zwölf Stipendiaten spätestens während des Workshops "Klang-Sprache" in Witten bewusst.

Cellistin Luise Rau

Cellistin Luise Rau

Erstmals trafen wir Teilnehmer des diesjährigen Projekts vom 9. bis 12. April in den Räumlichkeiten der Privaten Universität Witten/Herdecke aufeinander. Betreut durch die TONALi-Gründer Amadeus Templeton und Boris Matchin, den Pianisten und Konzertcoach Helge Antoni, Ortrud Borchardt (Studienleiterin und Dozentin in der Lehrerbildung), Daniel Finkernagel (Moderator und Regisseur) und Kulturmanagerin Lea Gollnast begann ein arbeitsintensives Wochenende, an dem das Cello einmal nicht im Vordergrund stehen sollte.

Inhalt des Workshops war das aktuelle Thema Musikvermittlung; verstanden als Auftrag in der Gesellschaft, den Musiker erkennen und (selbstverständlich) zu ihrer Aufgabe machen sollten. Wenn auch jeder schon einmal im Laufe seiner musikalischen Ausbildung (der Eine mehr, der Andere weniger) mit dem Thema konfrontiert worden ist, so wurde uns schnell klar, dass die Vermittlung von Musik, besonders an junge Menschen, eine deutlich komplexere Aufgabe sein wird, als angenommen.

Da bei der Vermittlung von Musik nicht nur das instrumentale Spiel im Vordergrund steht, sondern vielmehr der Musiker mit seiner Körpersprache und seinen verbalen Fähigkeiten über das Gelingen des Projekts entscheidet, stand die Verbesserung dieser Aspekte im Fokus des Wochenendes.

Im Vorfeld des Workshops wurde uns die wohl bewusst knapp gehaltene Arbeitsaufgabe der Vorbereitung eines zehnminütigen Vortrags "Klang-Sprache" gestellt. Gefordert war, dass die Darbietung in Worten und Musik ausgeführt werden soll, weitere Vorgaben erfolgten nicht.

Der erste Aha-Effekt stellte sich beim simulierten Konzertauftritt aller Vorträge ein: Interessant hierbei war, dass die Art und Weise des vorgetragenen Werks auf dem Instrument zweitrangig wurde. Einzig und allein unsere freie, sinnvolle Rede und die Themenrelevanz unseres Vortrages waren von Bedeutung. Durchweg konstruktive Kritik aller Teilnehmer und Dozenten zeigte uns schnell, dass jeder von uns noch einiges dazulernen muss. Dennoch wurde jedem Stipendiaten durch ein unglaublich freundliches und faires Miteinander das Gefühl vermittelt, mithilfe der Ratschläge, viel Übung und einer interessanten Idee auch diese Hürde gut meistern zu können.

Freie Rede ist aufregender als ein musikalischer Vortrag

Die Stationskonzerte sowie das anschließende Konzert im Speisesaal des Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke waren eine gute Übung, das Erlernte nun mit Praxisbezug umsetzen zu können. Aus dem Stegreif sprechen zu müssen, war für uns weitaus aufregender, als das gut vorbereitete Stück im Anschluss vorzutragen. Teilweise gaben uns die Dozenten kurzfristig neue Aufgaben mit auf die Bühne, so dass kaum Zeit blieb, alles perfekt vorzubereiten. Durch den Sprung in das kalte Wasser konnten wir alle üben, tatsächlich frei, möglichst sinnvoll und spontan in der Öffentlichkeit zu sprechen. So entstand ein durchmoderiertes Konzert mit individuellen Vorträgen. Dem Publikum ist ein herzliches Dankeschön auszusprechen: nachsichtig hat es über den einen oder anderen Versprecher hinweggesehen.

Freie Rede und Musik-Vortrag

Freie Rede und Musik-Vortrag

Am letzten Tag des Workshops wurde intensiv mit dem Moderator Daniel Finkernagel geübt, indem wir hilfreiche Anregungen erhielten und aus vielen verschiedenen Ansätzen heraus an unserer "freien Rede" arbeiten konnten.

Weitere Arbeitsgruppen, Präsentationen seitens der Dozenten, Beratungen im Einzelgespräch und vieles mehr vertieften die lehrreichen Tage. Herausforderungen wie der aktuell stattfindende Wandel des Klassischen Konzertlebens und der Auftrag, den wir Musiker in der Gesellschaft erkennen und zu unserer Aufgaben machen müssen, sind nur zwei von zahlreichen Denkanstößen dieser Tage.

"Kulturelle Bildung ist ein Menschrecht". Dieses Templeton-Zitat muss uns in unserem Bewusstsein bekräftigen, dass insbesondere wir als junge Musiker Verteidiger dieser Erkenntnis sind.

Des Weiteren ist das lockere und harmonische Verhältnis untereinander, das ohne jeglichen Konkurrenzgedanken eine wunderbare Arbeitsgrundlage schuf, hervorzuheben. Dank dafür an die Dozenten des Workshops, insbesondere an Boris Matchin und Amadeus Templeton als TONALi-Initiatoren, sowie an die Dr. Ursula Kuhn-Musikstiftung und die Hamburgische Kulturstiftung, die uns mit einem Stipendium den Workshop ermöglicht haben.

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