Komponist Georg Friedrich Haas: "Ich will, dass man eine emotionale Erfahrung macht"

13. November 2015 - 08:15 Uhr

London – Georg Friedrich Haas zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen Komponisten. Der 62-Jährige ist für seinen experimentellen und analytischen Umgang mit der Musik bekannt. Emotionen wachrütteln, Schmerz hören, das sind die Anliegen des Österreichers. Seine Themen kreisen um Leben und Tod, wie er vor der Uraufführung seiner Oper "Morgen und Abend" erläutert.

Georg Friedrich Haas

Georg Friedrich Haas

Frage: Herr Haas, worum geht es Ihnen bei Ihrer Musik?

Antwort: Es ist wichtig, eine Musik zu machen, die unmittelbar emotional berührt und zu den Menschen spricht, die sie aufführen und die sie hören. Ich will ausdrücken. Ich will, dass man sich hineinsetzt mit offenem Herzen, mit offenem Kopf und mit offenen Ohren, und sich in dieses ästhetische Abenteuer bewegt. Mit möglichst wenig Vorurteilen, denn es ist wahrscheinlich anders als alle anderen Opern, die man vorher gehört hat. Ich will, dass man eine emotionale Erfahrung macht.

Frage: Leben und Tod, Dunkelheit und Licht, Stille und laute Töne spielen in Ihren Werken eine große Rolle, warum?

Antwort: Tod ist ein traditionelles Element der Oper. Nur, wenn ich im Publikum sitze und zuschaue, wie ein Fürst von einem Degen erstochen wird, ist die Wahrscheinlichkeit, dass mir etwas Ähnliches passiert, relativ gering. Wenn ich aber einen Mann sehe, der am Bett steht und sich fragt, warum fühle ich mich so sonderbar, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass das von der eigenen Zukunft spricht, relativ hoch. Und was ich einfach möchte ist, dass wir uns mit diesem Thema liebevoll und angstlos auseinandersetzen. Nachdem ich selbst einmal die Nahtod-Erfahrung gehabt habe, glaube ich zu wissen, wovon ich spreche.

Frage: "Morgen und Abend" wird an gleich zwei führenden Opernhäusern aufgeführt – London und Berlin. Freuen Sie sich darüber?

Antwort: Ich habe das große Glück, hier ein Orchester zu haben, das wirklich ernsthaft analysiert und nicht mit dem Vorurteil an die Arbeit geht, der Komponist lebt noch und deswegen ist es schlecht. Ich freue mich unglaublich über die Zusammenarbeit mit diesen beiden hoch professionellen Institutionen.

(Die Fragen stellte Anna Tomforde, dpa)

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(13.11.2015 – 08:00 Uhr)

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