Die mazedonische Sopranistin Ana Durlovski: Ausdrucksstark mit ansteckender Natürlichkeit

08. Juli 2016 - 11:15 Uhr

Stuttgart – Dass sie selbst Krieg und Leid – damals in Jugoslawien – erlebt hat, hilft Ana Durlovski heute auch durch die Untiefen der Opernwelt. "Ich glaube, wir müssen viel erleben, um viel erzählen zu können", sagt die Sängerin aus Mazedonien. In der Bellini-Oper "Die Puritaner", inszeniert vom Stuttgarter Erfolgsduo Jossi Wieler und Sergio Morabito, wird die Sopranistin am (heutigen) Freitag die Elvira singen – eine Frau, die beinahe wahnsinnig wird, weil der Mann, den sie liebt, eine andere begehren könnte.

Ana Durlovski

Ana Durlovski

Mit ihren 37 Jahren ist sie nicht nur wegen ihrer famosen Koloraturarien als Königin der Nacht in Mozarts "Zauberflöte" an der Metropolitan Opera in New York oder an der Semperoper in Dresden gefragt. Vor allem in Stuttgart schätzt Intendant und Regisseur Wieler die Ausdrucksstärke der Frau, deren "Natürlichkeit" viele im Ensemble der Staatsoper ansteckend nennen. Durlovski ist eine, die die Arien der großen Primadonnen singen darf.

Dass Wieler und Morabito den Figuren in den Geschichten so tief auf den Grund gehen, schätzt sie an ihrer Arbeit in Stuttgart besonders. Aber eine Diva, das sagt die Mutter von drei Kindern und Frau eines Sängers gleich ganz klar, will sie auf keinen Fall genannt werden.

Weithin schätzen Kritiker sie dafür, dass ihre eigene Persönlichkeit hinter die Rolle zurücktritt. Die am 20. Juli 1978 im sozialistischen Jugoslawien geborene orthodoxe Christin kennt auch die schwierigen Seiten des Lebens. Hautnah erlebte sie, wie der Staatenbund zerbrach. Vielleicht bescheinigen ihr Kritiker gerade auch wegen der Lebenserfahrung starke Überzeugungskraft.

Als beste Sängerdarstellerin im Musiktheater erhielt sie 2012 den Deutschen Theaterpreis Der Faust. "Ana Durlovski singt hinreißend; gertenschlank, aus einer warmen Bronze-Mittellage heraus, mit lupenreinem Fokus, glockenklar leuchtend in der Höhe, wunderbar lyrisch beseelt", schrieb "Die Deutsche Bühne" über die Nominierung. Das Lob drehte sich um ihre Bravourpartie als Amina in Bellinis "La Sonnambula" (Die Nachtwandlerin).

Im selben Jahr kürte sie die Zeitschrift "Opernwelt" zur Nachwuchssängerin des Jahres und würdigte nicht nur ihre "zuverlässige Technik", sondern auch die Zwischentöne sowie ihre "kraftvolle Attacke" im passenden Moment. Sie ist glücklich, dass sich alles so gefügt hat.

Von Skopje aus schnell im Westen

1992, da war sie gerade mit dem Studium in der mazedonischen Hauptstadt Skopje fertig, Von 1997 bis 2001 studierte sie an der Musikakademie der Universität Skopje. Kurz danach hörte sich die Leitung der Wiener Kammeroper dort die jungen Sänger an. So schaffte Durlovski den Sprung ins Ausland, erst nach Wien, damals noch im Chor, und dann immer weiter. "Das war wahnsinnig schwer", sagt sie. Die stete Arbeit an der eigenen Technik habe sie weiter gebracht. 2006 das Debüt als Königin der Nacht an der Staatsoper Wien, 2014/15 sang sie die Partie auch in New York. Daneben gab es feste Engagements am Staatstheater Mainz (2006 bis 2011) und seit 2011 in Stuttgart.

Dabei schätzt sie, dass sie sich darstellerisch entfalten kann. "Ich brauche die Möglichkeit, meine Empfindungen mit meinem Körper auf natürliche Weise auszudrücken. Bei einer konzertanten Aufführung fühle ich mich wie gelähmt", sagt sie. Und doch hatte sie zuletzt bei aller Leidenschaft für deutsches Regietheater immer wieder Sehnsucht nach der Heimat.

"Ich will neben dem Beruf auch noch ein anderes Leben haben", sagt die Sängerin. Von einem Bauernhof mit Tieren und Pflanzen träume sie, sagt Durlovski, die bisweilen mit ihrem Mann, einem Bass, auf der Bühne steht. Igor Durlovski ist seit ein paar Monaten in Skopje Opernintendant. "Irgendwie denke ich auch, dass meine Kinder in Mazedonien eine richtige Kindheit haben können", meint sie. Trotz der vielen Probleme in dem verarmten Land fühle sie sich dort freier.

So mancher in Mazedonien, der lieber raus will aus dem Land, habe über die Rückkehr der Familie Durlovski aber gestaunt, räumt sie ein. Aber sie bleibt auch festes Ensemblemitglied in Stuttgart – und ist von Skopje aus stets schnell im Westen.

(Von Ulf Mauder, dpa/MH)

Berichtigung (09.07.2016 – 10:16 Uhr): Im siebten Absatz wurde die Datumsangabe korrigiert.

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