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Berlin (MH) – Ohne Hans Pischner gäbe es keine Premiere der Berliner Staatsoper, scherzte Intendant Jürgen Flimm 2014 zum 100. Geburtstag seines Vor-Vor-Vor-Vorgängers. "Er kommt immer um die Ecke und lobt uns." Von 1963 bis 1984 hatte der gebürtige Breslauer das Haus Unter den Linden geleitet und war ihm auch später noch eng verbunden. Am Samstag ist Pischner im Alter von 102 gestorben, wie die Staatsoper am Montag mitteilte.
Gerade in den schwierigen Jahren nach dem Mauerbau sei es Pischner gelungen, die Institution einschließlich Staatskapelle und Staatsopernchor wieder auf ein künstlerisch hohes Niveau zu führen, erklärte die Staatsoper. "Die Verpflichtung erstklassiger Dirigenten, Solisten und Regisseure sowie eine kluge, ausgewogene und durchdachte Spielplanpolitik brachten dem Haus und seinem Intendanten internationale Anerkennung und Wertschätzung ein", hieß es weiter.
Pischner war der Sohn einer musikbegeisterten Familie. Er studierte Klavier und Cembalo sowie Musikwissenschaft und erwarb sich einen Namen als Cembalovirtuose. Nach dem Zweiten Weltkrieg unterrichtete er an der Weimarer Musikhochschule, die ihn 1948 zum Professor ernannte. In den 1950er Jahren wurde Pischner zunächst Hauptabteilungsleiter im Staatlichen Komitee für Rundfunk der DDR und später stellvertretender Kulturminister. Von Mitte der 1970er Jahre bis 1990 war er Präsident des Kulturbundes der DDR und Vorsitzender der gesamtdeutschen Neuen Bachgesellschaft.
1963 übernahm er die Intendanz der 1955 wiedereröffneten Berliner Staatsoper. Nachdem viele Ensemblemitglieder durch den Mauerbau im Westen geblieben waren, verpflichtete Pischner den Österreicher Otmar Suitner als Generalmusikdirektor und Erhard Fischer als Chefregisseur. Daneben setzte er auf junge Leute. Sänger wie Peter Schreier, Theo Adam, Anna Tornowa-Sintow oder Siegfried Vogel wurden bei ihm zu internationalen Stars. Regisseur Harry Kupfer gab Unter den Linden sein Berlin-Debüt. Ruth Berghaus realisierte große Inszenierungen wie Rossinis "Barbier von Sevilla". Die als "formalistisch" verfemte Oper "Die Nase" von Dmitri Schostakowitsch brachte Pischner 1969 auf die Bühne, fünf Jahre, bevor das Stück wieder in Moskau gezeigt werden durfte.
In seiner Zeit an der Berliner Staatsoper blieb er auch als Musiker aktiv. Besonders widmete er sich den Werken Bachs und Händels sowie Kompositionen der Gegenwart. Pischner gab Konzerte und nahm Schallplatten auf, unter anderem mit dem Geiger David Oistrach. Ohne Bachs Musik und sein geliebtes Cembalo hätte er es am Schreibisch nicht ausgehalten, sagte er einmal.
(wa)
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