Wien – Er wird als "König der Oper" bezeichnet: Plácido Domingo gilt als einer der bedeutendsten Opernsänger der Welt. Der Sänger, Dirigent und Opernhausdirektor blickt auf eine mehr als 50-jährige Bühnenkarriere zurück. Und auch mit 75 Jahren wird er kein bisschen leiser. "Ich habe keine Eile, in Rente zu gehen", sagte Domingo im Interview der Deutschen Presse-Agentur.
Frage: Kritiker bezeichnen Sie als lebende Legende. Gefällt Ihnen diese Bezeichnung?
Antwort: Es gibt mir das Gefühl, dass ich schon lange im Geschäft bin. Was natürlich wundervoll ist. Die Musik ist nicht nur mein Leben, sondern auch das Leben meiner ganzen Familie. Meine Frau und ich haben beide als Sänger angefangen, wir reisen gemeinsam um die ganze Welt, und auch unsere Kinder sind involviert. Wir lieben alle Musik und haben viel Glück. Ich bin trotzdem eine ganz normale Person, die das wundervolle Privileg hat, andere Menschen glücklich zu machen. Wenn du andere Menschen glücklich machst, bist du auch selbst glücklich. Diese Verbindung zu den Menschen ist großartig.
Frage: Sie feiern 2017 Ihr 50. Bühnenjubiläum in Europa. Hätten Sie am Beginn Ihrer Karriere gedacht, dass Sie mit 75 Jahren noch singen?
Antwort: Zu Beginn hat man ja noch gar keine Ahnung. Die Tage, die Monate, die Jahre, die Jahrzehnte sind so schnell vergangen – ohne das ganz zu realisieren. Aber man rechnet nie mit einer so langen Karriere.
Frage: Sie scheinen auch noch immer neue Herausforderungen zu suchen.
Antwort: Sie müssen eines verstehen. Das normale Leben für die meisten anderen Menschen, gibt es für mich nicht. Nur an einem Ort zu wohnen und sich auf den Ruhestand freuen. Nein, das geht nicht für mich. Unsere ganze Familie ist fast ständig zusammen, egal ob wir auf Urlaub sind oder arbeiten. Ich habe keine Eile, in Rente zu gehen. Ich denke, wenn du mehr als ein halbes Jahrhundert auf Reisen bist, realisierst du, dass dich diese Bewegung jung und fit hält.
Frage: Sie sind vor Jahren vom Tenor zum Bariton gewechselt. Gefällt es Ihnen, nun mehr Bösewichte zu spielen?
Antwort: Ich hatte eine wundervolle Karriere als Tenor. Als es Zeit war, als Tenor aufzuhören, öffneten sich plötzlich Bariton-Rollen. Zuerst war Verdis "Simon Boccanegra", dann kam "Rigoletto", "Nabucco" oder "Macbeth". Die meisten Rollen waren gar keine Bösewichte, sondern Väter. Das fühlt sich gut an, und ich denke wirklich, dass Verdi die besten Rollen für Väter mit Söhnen oder Töchtern geschrieben hat.
Frage: Sie treten stets gut gelaunt auf. Es gab nie Skandale von Ihnen. Wie schafft man das all die Jahre?
Antwort: Ich denke, am wichtigsten ist der Optimismus. Ich wurde ja selbst fast im Theater geboren. Meine Eltern waren Sänger, und es ist großartig, die Atmosphäre zu spüren. Man sollte einfach wirklich immer gerne mit seinen Kollegen zusammenarbeiten, die Öffentlichkeit und die Presse genießen. Auch wenn Interviews manchmal durchaus ermüdend sind. Aber es ist wohl eine Sache des Charakters.
Frage: Wie hat sich das Publikum in den letzten 50 Jahren verändert? Mögen Sie es, Selfies mit Fans zu machen?
Antwort: Das ist einer der großen Vorteile der aktuellen Zeit, aber es wird schon viel schwieriger. Wenn Menschen früher hinter die Bühne kamen, wollten sie ein Autogramm, und vielleicht hatten drei Personen eine Fotokamera dabei. Heute hat jeder ein Handy, und jeder will ein Foto. Aber man muss mit der neuen Technik mitgehen.
Frage: Was wünschen Sie sich noch für die nächsten Jahre?
Antwort: Meine Frau und ich sind im Moment so glücklich darüber zu sehen, zu welchen Männern unsere Kinder herangewachsen sind. Und unsere Enkelkinder beim Großwerden sehen zu können, ist einfach großartig. Und beruflich: Was soll ich sagen. Es wäre einfach schön, wenn die Dinge noch ein wenig länger so weitergehen könnten, wie sie im Moment laufen.
(Die Fragen stellte Sandra Walder, dpa)
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