Eine der ersten schwarzen Opernsängerinnen: Sopranistin Leontyne Price wird 90

10. Februar 2017 - 09:00 Uhr

New York – Mit Superlativen ist die "New York Times" äußerst sparsam, doch bei der schwarzen Opernsängerin Leontyne Price ließ sich selbst die große Zeitung der Millionenmetropole hinreißen: "Diva aller Diven" taufte das Blatt Price und stellte sie damit über alle großen Sopranistinnen der Gegenwart. Am (heutigen) Freitag wird die afroamerikanische Gesangskünstlerin 90 Jahre alt.

Leontyne Price, 1994

Leontyne Price, 1994

Das hohe Loblied der "Times" kam (unter anderem) im Jahr 1981, als Price bei der Gala zum 100. Geburtstag des Boston Symphony Orchestra gesungen hatte. Arien von Komponisten wie Giuseppe Verdi, Richard Strauss und Giacomo Puccini sang sie "mit so strahlender Wärme und Frische", dass der Kritiker alle Hemmungen abwarf und sie in den musikalischen Himmel hob.

Neun Jahre war das als Mary Leontyne Violet Price im US-Bundesstaat Missouri geborene Mädchen alt, als sie klassische Musik eigener Aussage zufolge bei einem Konzert erstmals richtig wahrnahm. Sie nahm Klavierunterricht, sang im Chor einer Methodisten-Kirche und prägte ihren Sinn für Musik – auch dank Eltern, die ihr Talent erkannten. Price wollte Musiklehrerin werden und sang während des Lehrer-Studiums im Verein, doch eine Gesangskarriere schien ihr da noch zu abwegig.

Weltberühmt wurde sie dann mit einem Schlag im Jahr 1952, als sie bei einer Tournee über mehrere Kontinente in George Gershwins "Porgy and Bess" die Bess sang und spielte. Von Anfang an und in Europa ebenso wie in den USA rissen sich die Leute auch um Karten für ihre Liederabende, und als Tosca sang sie zum ersten Mal klassische Oper. "Ich konnte Tosca singen, weil ich Bess gesungen hatte – sie waren beide Huren", sagte sie mit entwaffnendem Lachen.

42 Minuten Ovationen

In den 50er Jahren gab es kaum schwarze Opernsängerinnen, und es war eine Sensation, als Dirigent Herbert von Karajan "die Price" unter seiner Stabführung als Aida in der Wiener Staatsoper herausbrachte. Als sie ihren Erfolg an der Mailänder Scala wiederholte, schrieb ein italienischer Kritiker: "Unser großer Meister Verdi hätte in ihr seine ideale Aida gefunden."

In New York an der Metropolitan Opera, wo nur sehr wenige schwarze Sängerinnen vor ihr aufgetreten waren, wurde sie als Leonora im "Troubadour" zur Sensation – mit 42 Minuten Ovationen. Als die Met 1966 in ihr neues Haus im Lincoln Center umzog, sang am ersten Abend Leontyne Price eine der beiden Titelrollen in der Uraufführung von Samuel Barbers "Anthony and Cleopatra".

Price hat alles gesungen, was sie für einen lyrischen Sopran ihrer Klasse geeignet hielt. "Nie hätte ich gesagt, ich sei ein dramatischer Sopran", betonte sie. Ihre Plattenaufnahmen wurden immer wieder mit Preisen ausgezeichnet. Sie erhielt hohe Orden, trat im Weißen Haus in Washington oft auf, wenn illustre Staatsgäste zu unterhalten waren. Bei den Salzburger Festspielen war sie Publikumsliebling.

Leontyne Price, 2008

Leontyne Price, 2008

Trotz ihres legendären Selbstbewusstseins begann sie in den frühen 80er Jahren, ihrer Stimme "das reifste Stadium musikalischer Reife" zuzusprechen, und verabschiedete sich 1985 mit einer triumphalen und landesweit vom Fernsehen übertragenen "Aida"-Aufführung von der Met und von der Opernbühne überhaupt. "Es war wunderschön, gefragt zu werden, warum ich aufhöre, statt gefragt zu werden, wann ich aufhöre", sagte sie. Auf zahlreichen Konzertpodien hat sie danach weiter Spirituals und anspruchsvolle, oft moderne Lieder gesungen.

Auch Jahre später gab sich Price vor der Kamera in einer Mischung aus Stolz, Entschlossenheit und Glanz. "Lass' sich deinem Fokus, etwas zu erreichen, niemals etwas Negatives in den Weg stellen", sagte sie, nachdem das staatliche Förderprogramm "National Endowment for the Arts" (NEA) sie mit dem begehrten Opern-Preis ausgezeichnet hatte. Bei der Preisverleihung im Jahr 2008 sagte Price, was in ihren rauschenden Jahren als Sängerin auf den Bühnen der Welt überhaupt nicht gegolten hatte: "Ich bin immer noch fast sprachlos."

(Von Johannes Schmitt-Tegge, dpa/MH)

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