Stuttgart – Trotz des Hausarrests für den russischen Regisseur Kirill Serebrennikow hält die Stuttgarter Staatsoper an der Premiere der Märchenoper "Hänsel und Gretel" fest. Das betonte das Opernhaus am Mittwochabend. Die Premiere soll wie geplant am 22. Oktober auf die Bühne kommen – mit Hilfe des Teams von Serebrennikow. Dies sei möglich, weil der Regisseur wesentliche Teile des Inszenierungskonzeptes, das Bühnenbild und die Kostüme bereits fertiggestellt habe, hieß es. Serebrennikow ist wegen Betrugsvorwürfen im Hausarrest.
Die Oper Stuttgart kritisierte den mit einem Kommunikationsverbot nach außen verknüpften Arrest als unverhältnismäßig. "Seine gesamte künstlerische Arbeit wird so aufs Empfindlichste gestört." Humperdincks Oper "Hänsel und Gretel" werde nun mit Unterstützung aller Kräfte im Sinne von Serebrennikow in Stuttgart umgesetzt.
Fertig sei etwa schon ein Film, der in Serebrennikows Konzept das zentrale narrative Medium darstelle. Der Regisseur hatte ihn bereits im Frühjahr gedreht und vor der Sommerpause geschnitten. Die musikalischen Proben mit den Sängern des Stuttgarter Ensembles und des Kinderchores haben bereits Ende der vergangenen Spielzeit begonnen. "Die Oper Stuttgart hofft, dass der Regisseur dann zur Premiere nach Stuttgart reisen kann", so die Mitteilung.
Zuvor hatten die "Stuttgarter Zeitung"/"Stuttgarter Nachrichten" darüber berichtet, dass die Oper doch stattfinden solle.
In dem in Russland wie im Ausland kritisierten Verfahren gegen den renommierten Theatermacher hatte eine Haftrichterin am Mittwoch den Freiheitsentzug verhängt. Dieser soll zunächst bis zum 19. Oktober gelten. Die Richterin lehnte Serebrennikows Antrag ab, ihn auf freien Fuß zu setzen und weiter arbeiten zu lassen. Das Staatliche Ermittlungskomitee wirft Serebrennikow vor, 68 Millionen Rubel (knapp eine Million Euro) staatlicher Gelder unterschlagen zu haben.
Die russische Justiz sieht Serebrennikow als Drahtzieher in einem besonders schweren Fall von Betrug: Es geht um das staatlich geförderte "Platforma" in den Jahren 2011 bis 2014, um russisches Theater populärer zu machen. Serebrennikow und seine Mitarbeiter in der Produktionsfirma "Siebtes Studio" hätten zu hohe Kosten angesetzt und das restliche Geld unterschlagen.
(dpa/MH)
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(23.08.2017 – 17:25 Uhr)
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