Samstag, 14. Januar 2012 / 20:15 – 21:45 Uhr
3sat
Dokumentation (Deutschland/2010, Erstausstrahlung) Gesang in endlosen Fluren. Hinter dem Regal mit den Perücken der gut gefüllte Blutkühlschrank. Ein Schwarm Elfen zwitschert durch die Kantine. Pauken, Trompeten, die allgegenwärtige Lautsprecherstimme. Einflüsterungen, große Worte, klackernde Perlenschnüre, und jede Geste zählt. Unten dicht bei der Kanalisation gewaltige Hebeapparate, ein jubelnder Chor schwebt herauf: Der Film von Vadim Jendreyko nimmt die Stuttgarter Parsifal-Inszenierung des katalanischen Regisseurs Calixto Bieito zum Anlass und zum roten Faden, um in das komplexe Universum eines großen Opernhauses einzutauchen.
Von den ersten Überlegungen bis zur Premiere einer Oper vergehen oft Jahre. Mit den Entscheidungen für ein Projekt setzt sich eine gigantische Maschinerie in Gang. Calixto Bieitos Neuinszenierung von Richard Wagners "Parsifal" an der Staatsoper Stuttgart ist ein gutes Beispiel für einen Arbeitsprozess, dessen Struktur, System und Energie auf dem subtilen Zusammenspiel vielfältiger Kräfte beruht. Voraussetzungen für eine gelungene Aufführung sind das Ineinandergreifen kreativer und handwerklicher Prozesse, die Auseinandersetzungen über inhaltliche und ästhetische Positionen, über die Vielzahl an Meinungen und Möglichkeiten, die in ein gemeinsames Resultat münden müssen.
Denn Wagners "Parsifal" benötigt zahlreiche Gestalter, Ausführende, Handwerker und Techniker. Das Labyrinth von Fluren, Durchgängen, Untergeschossen und Zwischenböden der Stuttgarter Staatsoper ist schier undurchdringlich. Malersaal, Schreinerei, Schneiderei, der Schnürboden und die Unterbühne sind die Arbeitsbereiche der rund 1.200 Beschäftigten dieses gigantischen Dreispartenhauses. Eine Stadt in der Stadt.
Die Dokumentation beobachtet die Freuden und die Krisen, die Banalitäten und Genialitäten, die Gegensätze und Gemeinsamkeiten, die den Arbeitstalltag im Stuttgarter Opernhaus bestimmen. Ganz ohne Kommentar begleitet der Schweizer Jendreyko die Opernmacher und kann zeigen, was der Zuschauer eigentlich nie zu sehen bekommt: wie Kunst entsteht.
(pt/wa)