(Zusammenfassung)
Berlin – Erst Streit, dann Ovationen: Mit einer gefeierten Premiere hat das "Salome"-Publikum in der Berliner Staatsoper auf den Zwist zwischen dem Skandal-umwitterten Regisseur Hans Neuenfels und Star-Dirigent Christoph von Dohnányi reagiert. Nach dem kurzfristigen Verzicht von Dohnányis leitete Ersatzdirigent Thomas Guggeis am Sonntagabend eine umjubelte Aufführung der Oper von Richard Strauss.
Nach nicht näher ausgeführten "künstlerischen Differenzen" hatte von Dohnányi die musikalische Leitung in der vergangenen Woche abgegeben. Der 88-Jährige war selbst zuvor für den erkrankten Zubin Mehta eingesprungen. "Und dann war der auch nicht mehr da", sagte ein launiger Opern-Intendant Jürgen Flimm vor Premierenbeginn. Neuenfels hatte im rbb zuvor von einer "komplizierten Geschichte" gesprochen und bezeichnete von Dohnányis Verzicht als "kleines Drama".
Der erst 24 Jahre alte Guggeis zeigte wie von Flimm angekündigt, dass er "das Vertrauen dieses wunderbaren Orchesters hat". Der bisherige Assistent von Generalmusikdirektor Daniel Barenboim wechselt zu Spielzeit 2018/19 als Kapellmeister an die Staatsoper Stuttgart. Bei der Berliner "Salome" hatte er bereits die Generalprobe am Donnerstag dirigiert. Auch für die letzte "Salome"-Aufführung in dieser Spielzeit am 17. März war er schon als Dirigent vorgesehen. Nun soll er alle Aufführungen leiten.
Das Berliner Premierenpublikum dankte dem jungen Ersatzmann mit anhaltenden Ovationen für seine überzeugende musikalische Leitung. Begeisterung auch für die Leistung der Sänger in den Hauptrollen wie den starken Herodes von Gerald Siegel oder Thomas J. Mayer als stimmgewaltigen Jochanaan. Nur die ebenso präsente wie überzeugende Aušrinė Stundytė in der Titelrolle der Salome musste sich einige Buhs im donnernden Schlussapplaus anhören.
Für die durch und durch sexualisierte Inszenierung des 76-jährigen Neuenfels gab es etwas verhalteneren Beifall. Er stellt Jochanaans Kerker als silbernen Riesendildo auf die Bühne, und lässt die erfundene Rolle des tatsächlichen "Salome"-Dramatikers Oscar Wilde alle entscheidenden Fäden ziehen zwischen Lust und Religion, Macht und Begierde, Sex und Verlangen.
In Berlin hatte Neuenfels bereits mit Mozarts "Idomeneo" für Skandal und Gesprächsstoff gesorgt. Die Inszenierung mit vier enthaupteten Religionsführern auf der Bühne war nach Hinweisen von Sicherheitsbehörden auf mögliche Anschläge zeitweise abgesetzt worden. Seine "Salome" lässt Neuenfels zwischen gleich 42 abgeschlagenen Häuptern im extatischen Schlussrausch über die Bühne der Berliner Staatsoper taumeln.
(dpa/MH)
Mehr zu diesem Thema:
➜ Neuenfels-Inszenierung der "Salome" an Berliner Staatsoper
(04.03.2018 – 10:00 Uhr)
➜ Weitere Artikel zur Staatsoper Berlin
Link:
➜ http://www.staatsoper-berlin.de
© MUSIK HEUTE. Alle Rechte vorbehalten – Informationen zum Copyright