Bayreuth – Nun also noch den "Lohengrin": Wenn am (heutigen) Mittwoch die letzten Töne der Eröffnungspremiere verklungen sind, wird Christian Thielemann (59) alle zehn im Bayreuther Festspielhaus aufgeführten Wagner-Opern dirigiert haben. Eine Leistung, die zuvor nur Dirigent und Komponist Felix Mottl (1856-1911) aus Österreich gelungen war. Die Probenphase mit Regisseur Yuval Sharon und Künstler Neo Rauch, der das Bühnenbild gestaltet, empfand der Musikdirektor als entspannt – auch wenn kurzfristig ein neuer Sänger für die Titelpartie her musste. Piotr Beczała sprang ein – auch dank Thielemann, dem Chefdirigenten der Sächsischen Staatskapelle Dresden.
Frage: Nach der Absage von Roberto Alagna ist es schnell gelungen, einen Ersatz für die Titelpartie in "Lohengrin" zu finden. Sie gelten als derjenige, der Piotr Beczała einst davon überzeugt hat, sich an den Lohengrin zu wagen. Wie zufrieden sind Sie, dass er nun in Bayreuth diese Partie singt?
Antwort: Ersatz ist falsch, Piotr Beczała ist kein Ersatz. Vieles ist hier auf freundschaftlicher Basis geschehen. Ich habe ihn angerufen – und es gab sehr entgegenkommende Konzertveranstalter und Intendanten, die mitgeholfen haben und ihn aus seinen Verpflichtungen herausgelassen haben. Ich kann nur allen danken, die daran beteiligt waren. Und ich bin sehr zufrieden.
Frage: Mit dem Dirigat von "Lohengrin" vollenden Sie Ihr Bayreuth-Programm. Sie werden dann alle im Festspielhaus aufgeführten Opern Richard Wagners dort dirigiert haben. Gibt es ein Werk, das Ihnen in diesem Umfeld besonders am Herzen liegt?
Antwort: Das Debüt mit den "Meistersingern von Nürnberg" war etwas ganz besonderes, es war die Zeit, als [der langjährige Festspielchef] Wolfgang Wagner sich langsam zurückzog. Ich durfte zwei Inszenierungen von ihm – "Meistersinger" und "Parsifal" – dirigieren. An die Zusammenarbeit mit ihm denke ich sehr oft zurück, wie präsent er war, welche Ratschläge er uns gegeben hat. Wir haben uns aber nie bevormundet gefühlt, schließlich hatte er hier schon viele Dirigenten gehört.
Frage: Welches ist das schwierigste Werk im Festspielhaus?
Antwort: Ich habe eine Hitliste der drei schwierigsten Werke. Überraschend schwierig ist "Der fliegende Holländer". Dieses Werk ist am gefährlichsten, weil es schnell sehr laut und undifferenziert werden kann. Auch "Die Meistersinger von Nürnberg" sind nicht ohne, aber ich habe mich da sehr schnell zurechtgefunden. Und überrascht hat mich auch beim "Lohengrin", wie schwierig es ist, die schwebenden Klänge reinzubringen. Jede Oper hat hier ihre eigenen Tücken.
Frage: Was wird Ihnen durch den Kopf gehen, wenn der erste "Lohengrin" am zu Ende ist?
Antwort: Nach der Oper ist vor der Oper – man überlegt sich, welche Sachen man das nächste Mal besser machen kann. Ich habe ja nicht geahnt, dass es in Bayreuth einmal so kommen würde. Das ergab sich alles innerhalb von 20 Jahren. Und es ist erschreckend, wie schnell 20 Jahre vergehen, ich kann mich noch gut an die ersten Proben hier erinnern. Aber es ist wunderbar, dass es so gekommen ist. Und ich hatte auch immer Glück mit den Regisseuren. Die jetzige Zusammenarbeit mit Yuval Sharon und Neo Rauch ist menschlich hervorragend, alle sind gelassen und entspannt, wir haben eine gute Zeit.
Frage: Was ist von Plácido Domingo, der früher hier sang und jetzt als Dirigent der "Walküre" zurückkehrt, zu erwarten?
Antwort: Er hat am vergangenen Dienstag geprobt, es läuft alles sehr gut. Es muss ja jeder selbst zurechtkommen im Graben und seine eigenen Erfahrungen machen. Aber es wird gelingen.
(Interview: Kathrin Zeilmann, dpa)
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