Bayreuth – Die Bayreuther Festspiele haben einen neuen "Tannhäuser". Regisseur Tobias Kratzer hat am Donnerstag seine Version vom "Sängerkrieg auf der Wartburg" auf dem Grünen Hügel auf die Bühne gebracht. Sein ebenso humorvolles wie kluges und berührendes Plädoyer für eine Aussöhnung von Pop- und Hochkultur gefiel nicht jedem. Nach der Premiere gab es einige Buhs, aber auch großen Jubel, Bravo-Rufe und Getrampel. Einige begeisterte Zuschauer hielt es nicht mehr auf den Sitzen.
Buhs gab es – eher ungewöhnlich in Bayreuth – auch für den russischen Star-Dirigenten Waleri Gergijew bei seinem Debüt auf dem Grünen Hügel. Er hatte das Orchester zuvor sehr zügig, manchmal etwas ungestüm, geführt. Möglich, dass das Bayreuther Publikum ihm auch etwas übel nahm, dass er sich dem Grünen Hügel in diesem Sommer nicht exklusiv verschrieben hatte, sondern auch noch Verdis "Simon Boccanegra" bei den Salzburger Festspielen dirigiert. Ausschließlich Applaus gab es für das Sänger-Ensemble um "Tannhäuser" Stephen Gould. Den meisten davon bekam – völlig zu recht – "Elisabeth"-Darstellerin Lise Davidsen ab.
Kratzer, der Shooting-Star der deutschen Opern-Regie, verlegte Richard Wagners frühe Oper in seiner Inszenierung in das Bayreuther Festspielhaus, das auch im Kleinformat auf der Bühne erschien. Der Chor trat im ersten Akt als Festspiel-Zuschauer und Wagner-Pilger auf, und im zweiten Aufzug hatte sogar Chefin Katharina Wagner einen Kurzauftritt in einer Video-Sequenz. Sie ruft darin die 110 an, um unliebsame Kunst-Revoluzzer aus dem Festspielhaus entfernen zu lassen. Am Schluss hat sich die Popkultur verkauft, die Hochkultur stirbt einen blutigen Tod – und alle haben verloren. Dabei, so die These der Neuproduktion, könnte doch alles so schön sein, würde man nur Hand in Hand arbeiten und mehr Begegnung zulassen zwischen beiden Welten.
(dpa/MH)
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