Salzburg – Die Stiftung Mozarteum präsentiert eine rekonstruierte Neufassung der Fragment gebliebenen c-Moll-Messe von Wolfgang Amadeus Mozart. "Man hat Gipfelwerke natürlich lieber vollständig", sagte Wolfgang Thein, Chef des Musiklektorates des Kasseler Bärenreiter-Verlages und Kooperationspartner der Stiftung, am Montag. Trotzdem habe man der Versuchung widerstanden, die fehlenden Teile neu zu komponieren, und sich nur auf den überlieferten Bestand der Quellen gestützt.
Am Abend sollte das Werk bei den Salzburger Festspielen erklingen, aufgeführt von der Camerata Salzburg, dem Salzburger Bachchor und einem vierköpfigen Solistenensemble sowie Andrew Manze am Pult. Bärenreiter will die Druckfassung der Neuausgabe von Mozarts Messe voraussichtlich im Dezember auf den Markt bringen.
Mozart hatte die Messe offenbar als Dankmesse für die Genesung seiner (damals noch zukünftigen) Frau Constanze komponiert. Das Werk wurde im Herbst 1783 in der Stiftskirche St. Peter in Salzburg in unvollständiger Form erstmals gespielt. Aus welchem Grund Mozart das Werk nicht vollendete, sei nicht bekannt, sagte Ulrich Leisinger, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Mozarteum, der die Neuausgabe nach mehrjährigen Forschungen realisiert hat. Bei der Erstaufführung sang Constanze, eine begabte Amateursängerin, an der Seite eines Profi-Kastraten der Hofkapelle eine der beiden Sopranstimmen. Dies war äußerst ungewöhnlich: Frauen war nämlich zu damaliger Zeit verboten, in der Kirche zu singen. Offenbar hatte der Erzbischof aber seine Einwilligung gegeben.
In Mozarts Originalpartitur der c-Moll-Messe erhalten sind nur das "Kyrie" und "Gloria", also die ersten beiden Teile des katholischen Messordinariums. Für zwei Teilsätze des folgenden "Credo" hatte der Komponist nur die Vokalpartien, den instrumentalen Bass und die wichtigsten Instrumentalstimmen notiert. Durch Vergleiche mit anderen Werken Mozarts und seiner Kollegen wurden unter anderem die fehlenden Pauken und Trompeten am Beginn des "Credo" ergänzt. Für die Sopranarie "Et incarnatus est" habe eine ähnliche Arie aus Mozarts Oper "Le nozze di Figaro" Anhaltspunkte geliefert, sagte Leisinger.
Besonders schwierig sei die Rekonstruktion der Doppelchörigkeit in den auf das "Credo" folgenden Messabschnitten "Sanctus" und "Benedictus" gewesen. Von diesen Teilen – das abschließende "Agnus Dei" fehlt ganz – gibt es nur einen vierstimmigen Chorsatz, den ein Salzburger Pater um 1800 erstellt hatte. Es sei aber gelungen, diesen wieder auf zwei eigenständige Chöre zu verteilen. Die Passage gewinnt dadurch an Raumwirkung und Intensität, wie bei der Generalprobe am Vormittag zu hören war.
(dpa/MH)
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