München/Berlin (MH) – Unter ungewöhnlichen Bedingungen hat eine Neuproduktion von Walter Braunfels' "Die Vögel" an der Bayerischen Staatsoper Premiere gefeiert. Aufgrund der verschärften Corona-Maßnahmen waren am Samstagabend lediglich 50 Zuschauer zugelassen. Regie führte Frank Castorf, am Pult des Bayerischen Staatsorchesters stand Ingo Metzmacher.
Hundert Jahre nach der umjubelten Uraufführung im Münchner Nationaltheater verlegten Castorf und sein Bühnenbildner Aleksandar Denić Braunfels' "lyrisch phantastisches Spiel" in eine surreal wirkende Umgebung. Zu sehen war unter anderem ein überlebensgroßes Foto von Alfred Hitchcock bei den Dreharbeiten zu seinem Thriller "Die Vögel". Auch die gleichnamige Komödie des antiken Dichters Aristophanes, die dem Komponisten als Vorlage diente, handelt von der Machtergreifung gefiederter Wesen.
In Braunfels' Adaption überredet Ratefreund (Michael Nagy) die Vögel dazu, sich über die Götter zu erheben und eine eigene Stadt zu bauen. Sein Gefährte Hoffegut (Charles Workman) entbrennt in schwärmerischer Liebe zur Nachtigall, verkörpert von der brillanten Sopranistin Caroline Wettergreen. Die Vögel präsentieren sich in Kostümen mit Federkopfschmuck, die an die Charleston-Mode der Zwanzigerjahre erinnern. In ihrer Machtgier ignorieren sie die Warnungen von Prometheus, gesungen von dem Bariton Wolfgang Koch. Zeus nimmt Rache, das Vogelreich wird zerstört, und die beiden Menschen kehren in ihre Welt zurück.
Zwei Tage vor der bundesweiten Schließung aller Kultureinrichtungen übertrug die Staatsoper die Premiere kostenlos als Livestream. Intendant Nikolaus Bachler führte in die Handlung ein. Seine Worte wurden von einem Rauschen und Knacken untermalt, wie man es sonst aus historischen Radioaufzeichnungen kennt. In einem Pausenfilm lief eine einsame Besucherin durch das Haus und nahm im leeren Parkett Platz. In dem Video sang außerdem die Mezzosopranistin Noa Beinart unter Leitung von Yoel Gamzou Gustav Mahlers Lied "Ich bin der Welt abhanden gekommen".
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(ck/wa)
(Redaktionshinweis: Aufgrund des weitgehend gestrichenen Pressekartenkontingents für die Vorstellung erfolgte die Berichterstattung anhand des Livestreams.)
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