Bloomington/London/Berlin (MH) – Der Pianist Menahem Pressler ist tot. Er ist am Samstag "friedlich gestorben", wie die Jacobs School of Music der Indiana University mitteilte, an der der Künstler lange Jahre unterrichtet hatte. Der gebürtige Magdeburger wurde 99 Jahre alt.
Mehr als fünf Jahrzehnte war Pressler der Pianist des 1955 von ihm mitgegründeten Beaux Arts Trios. In der Zeit hatte das Ensemble fünf Geiger, zuletzt Daniel Hope, und drei Cellisten. Nach der Auflösung des weltweit gefeierten Trios nahm Pressler im Alter von 85 Jahren seine Karriere als Klaviersolist wieder auf. Als Kammermusiker spielte er mit etwa mit dem Juilliard String Quartet, dem Emerson String Quartet und dem Quatuor Ebène Mit fast 90 Jahren arbeitete er mit dem Tenor Christoph Prégardien zusammen und interpretierte erstmals Schubers Liederzyklus "Winderreise".
1939 aus Nazi-Deutschland nach Israel geflohen, begann Presslers Karriere 1946 mit dem Sieg beim Internationalen Debussy-Klavierwettbewerb in San Francisco, gefolgt von seinem Debüt mit dem Philadelphia Orchestra unter der Leitung von Eugene Ormandy. In seinem Leben trat der Pianist in Nordamerika, Europa und Asien auf und spielte mit praktisch allen führenden Orchestern der Welt. Viele zeitgenössische Komponisten schrieben Werke für Pressler. Neben seinen Konzertaktivitäten wirkte der Pianist auch als Pädagoge, viele seiner Schüler sind heute selbst bekannte Musiker und Lehrer.
Zu Presslers zahlreichen Auszeichnungen gehören Ehrendoktorwürden wie von der Manhattan School of Music in New York, der Royal Academy of Music London und der Ben-Gurion-Universität Be’er Sheva. Sein Lebenswerk würdigten unter anderem das Gramophone Magazine, die International Chamber Music Association und der deutsche Musikpreis Echo Klassik. 2005 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz I. Klasse des Bundespräsidenten, der höchsten Auszeichnung Deutschlands, und dem Commander des Ordens der Künste und der Literatur, der höchsten kulturellen Auszeichnung Frankreichs, geehrt.
"Pressler war ein brillanter Pianist, ein außergewöhnlicher Lehrer und eine sanfte Seele, die Generationen von Pianisten auf der ganzen Welt unauslöschlich geprägt hat", erklärte der Dekan der Indiana University, Abra Bush. "Er glaubte, dass seine 'Leistung seine Praxis beeinflusste und seine Praxis seine Leistung beeinflusste', und er liebte nichts mehr als das Üben." Pressler stehe für die große Kraft und Wirkung, die Musik entfalten kann, würdigte die deutsche Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne). "Er war im wahrsten Sinne des Wortes ein Jahrhundertmusiker. Er wird uns und der Musik fehlen."
© MUSIK HEUTE. Alle Rechte vorbehalten – Informationen zum Copyright
(wa)
Mehr zu diesem Thema:
➜ Weitere Artikel zu Menahem Pressler
Link: