Berlin (MH) – Mit stürmischem Beifall hat sich das Publikum in der ausverkauften Deutschen Oper in Berlin von Amilcare Ponchiellis "La Gioconda" verabschiedet. In der historisierenden Inszenierung von Filippo Sanjust war die Oper 50 Jahre lang im Repertoire des Hauses. Mit der Vorstellung am Samstagabend ist für die beliebte Produktion endgültig der Vorhang gefallen.
In der Titelpartie brillierte die ausdrucksstarke Sopranistin Carmen Giannattasio als Straßensängerin Gioconda. In den weiteren Hauptrollen beeindruckten Teresa Romano als Laura und Angelo Villari in der Rolle des Edelmanns Enzo Grimaldo, außerdem Marianne Cornetti als blinde Mutter, Marko Mimica als Inquisitor Alvise Badoero und Dalibor Jenis als hinterhältiger Spion Barnaba. Nach einzelnen Arien gab es mehrfach Szenenapplaus und zum Schluss Ovationen im Stehen.
Unter Leitung von Kapellmeister Giulio Cilona, seit dieser Saison Assistent von Generalmusikdirektor Donald Runnicles, stand das Orchester der hervorragenden Sängerbesetzung in nichts nach.
In der farbenprächtigen Inszenierung von Sanjust hatte das Stück am 1. März 1974 an der Deutschen Oper Premiere. Seitdem kam es im Dreijahresturnus immer wieder ins Programm.
Aufsehen erregte die Produktion nicht zuletzt dadurch, dass in das illusionistische Bühnenbild Originaldekorationen aus der Entstehungszeit integriert waren. Wegen längerer Umbaupausen nach jedem Akt dauerte eine Vorstellung rund viereinhalb Stunden.
Uraufgeführt wurde "La Gioconda" 1876 an der Mailänder Scala, das Libretto schrieb Arrigo Boito unter dem Pseudonym "Tobia Gorrio". In den frühen 1970er Jahren fand Sanjust in einem Atelier in Rom Bühnenprospekte zu der Oper mit historischen Ansichten von Venedig. Für seine Rekonstruktion verwendete er auch originale Kostümentwürfe.
Die Ankündigung, dass die Oper nach insgesamt 63 Vorstellungen aus dem Spielplan verschwindet, stieß in der Öffentlichkeit auf große Kritik. Der "Tagesspiegel" warf dem künftigen Intendanten Aviel Cahn, der sein Amt im August 2026 antritt, eine unpopuläre Entscheidung vor. "Viele Menschen in dieser Stadt lieben die altmodische Ausstattung und Ausstrahlung von 'La Gioconda'", hieß es in einem Anfang Februar veröffentlichten Kommentar.
In einem Interview mit der "B.Z." begründete Cahn die Maßnahme mit Kapazitätsgrenzen und hohen Kosten für die Lagerung von Bühnenbildern. In Bezug auf "La Gioconda" sprach Cahn von einem "aufwendigen, teuren Nischen-Repertoire". Um die Produktion zu erhalten, wären große Investitionen notwendig, da die Ausstattung mittlerweile in einem schlechten Zustand sei.
Die Deutsche Oper plant nun, die alten Kulissen im Internet zum Verkauf anzubieten. Auf der Plattform change.org wurde unterdessen eine Petition zum Erhalt von "La Gioconda" gestartet. Bisher kamen über 700 Unterschriften zusammen.
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(ck/wa)
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