Berlin (MH) – Ottorino Respighis Oper "La fiamma" ist nach fast 90 Jahren nach Berlin zurückgekehrt. Die Premiere der Inszenierung von Christof Loy wurde am Sonntagabend in der Deutschen Oper Berlin mit stürmischem Applaus und Bravo-Rufen gefeiert. Die musikalische Leitung des Abends hatte der Mailänder Dirigent Carlo Rizzi.
Agnese di Cervia, die unheimliche Zauberkräfte besitzen soll, wird im ersten Akt von einem Lynchmob auf den Scheiterhaufen gezerrt. Vor ihrem Tod verflucht sie Silvana, die Ehefrau des Exarchen von Ravenna, und die Familientragödie nimmt ihren Lauf. In der 1934 in Rom uraufgeführten Oper entwerfen Ottorino Respighi und sein Librettist Claudio Guastalla ein vielschichtiges Beziehungsdrama vor dem Hintergrund der Hexenverfolgung in Europa. Als Vorlage diente das 1908 von Hans Wiers-Jenssen verfasste Theaterstück "Anne Pedersdotter".
In "La fiamma" wird die Handlung von Norwegen in die italienische Stadt Ravenna zur Zeit der byzantinischen Herrschaft verlegt. Auf der kargen, in düsteren Tönen gehaltenen Bühne verkörpert die russische Sopranistin Olesya Golovnev mit viel Leidenschaft die junge Silvana, die durch die Liebe zu ihrem Stiefsohn Donello, gesungen von dem Tenor Georgy Vasiliev, ihrer unglücklichen Ehe entfliehen will. Der Bariton Ivan Inverardi gibt bravourös den gehörnten Ehemann, der den Treuebruch nicht überlebt. Seine Mutter Eudossia, die ihre Schwiegertochter von jeher abgelehnt hat, klagt diese daraufhin als Mörderin und Hexe an. Die Sopranistin Martina Serafin gestaltete die Rolle der Eudossia mit großer Ausdruckskraft. Als Agnese di Cervia war die Mezzosopranistin Doris Soffel zu erleben, die kürzlich ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum beging.
Respighis opulente Musik, die sich immer wieder in dramatischen Steigerungen entlädt, orientiert sich an ganz unterschiedlichen Vorbildern. Sie erinnert ebenso an den italienischen Renaissance-Komponisten Claudio Monteverdi wie etwa an Claude Debussy und Giacomo Puccini. Eingängige Melodien im Stil Puccinis bietet das Stück zwar nicht, dafür aber eine gekonnte Orchestrierung und höchst eindrückliche Chorpassagen, etwa bei der Ergreifung Agneses am Ende des ersten Aktes oder bei der gnadenlosen Abrechnung mit Silvana ganz zum Schluss.
"Die Oper erinnert mich einerseits an ein Kammerspiel im Stil von Henrik Ibsen.Es geht um eine Familie, die über Jahrzehnte vieles unter den Teppich gekehrt hat", sagte Loy vorab in einem Interview des "Tagesspiegel". "Die Monstrosität der Figuren, die im Laufe des Stückes immer stärker zutage tritt, hat aber zugleich auch etwas von einer griechischen Tragödie."
"La fiamma" kam in Deutschland im Olympiajahr 1936 an der Berliner Staatsoper zur Aufführung. Nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand die Oper weitgehend von den Spielplänen. In der jüngeren Vergangenheit wurde sie 1997 beim Opernfestival im irischen Wexford und an der Oper von Rom nach langer Zeit aus der Versenkung geholt.
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(ck/wa)
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