Das Archiv der Sing-Akademie zu Berlin, das nach dem Zweiten Weltkrieg als verschollen galt, ist wieder vollständig erschlossen. Die Sammlung wurde 1999 in der Ukraine entdeckt und 2001 nach Berlin zurückgeführt. Wie die Berliner Staatsbibliothek am Donnerstag mitteilte, stehen nun 5.175 Signaturen mit rund 264.000 Seiten im Internationalen Quellenlexikon der Musik (http://opac.rism.info/) zur Online-Recherche zur Verfügung. Die Erschließung des für die Musikwissenschaft und -praxis überaus bedeutenden Archivs wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanziert.
Vor allem die Bach-Sammlung macht das Archiv zu einem großen Schatz der Musikwelt: Neben dem Alt-Bachischen Archiv mit Autographen und Abschriften von Werken der Vorfahren Johann Sebastian Bachs sind auch solche der Bach-Söhne Wilhelm Friedemann und Carl Philipp Emanuel enthalten. Des Weiteren etliche Autographe großer Komponisten des 17. bis 19. Jahrhunderts wie Abel, Agricola, Vater und Sohn Fasch, der Brüder Graun, Hasse, Hiller, Homilius, Janitsch, Kirnberger, Quantz, Reichardt, Schulz und Stamitz sowie bedeutende Abschriften und Musikdrucke.
Die Sing-Akademie zu Berlin ist eine der ältesten und bedeutendsten Chorvereinigungen weltweit: 1791 von Carl Friedrich Christian Fasch gegründet, wurde sie ab 1800 über mehr als drei Jahrzehnte von Carl Friedrich Zelter geleitet. Dieser leidenschaftliche Musiker und Sammler legte das Notenarchiv an, welches nach ihm kaum noch verändert wurde und daher einen historischen Zeitpunkt repräsentiert, der jetzt durch die Forscher umfassend untersucht werden kann.
Im Zuge der Erschließung des in der Staatsbibliothek zu Berlin als Depositum aufbewahrten Noten-Archivs wurde neben dem bibliographischen Zugewinn auch ein bedeutender wissenschaftlicher Fortschritt erreicht. So konnten anhand von Wasserzeichen, Besitzstempeln, Widmungseinträgen und anderen Indizien für etliche Handschriften Provenienzen geklärt oder bislang unbekannte Sammlungszusammenhänge aufgedeckt werden.
(wa)