Der Dirigent Kurt Sanderling – Reisender durch ein Jahrhundert

20. Februar 2013 - 08:01 Uhr

Sonntag, 24. Februar 2013 / 08:50 – 09:30 Uhr
SWR-Fernsehen

Filmporträt (Deutschland 2012) Kurt Sanderling war einer der großen Dirigenten des 20. Jahrhunderts. Der Dirigent (19.09.1912 – 18.09.2011) machte drei Karrieren und lebte in fünf deutschen Staaten: dem Kaiserreich, der Weimarer Republik, dem "Dritten Reich", der DDR und der Bundesrepublik. Der Film von Elke Sasse zeichnet die Lebensstationen von Kurt Sanderling nach und gibt Einblick in seine Arbeit.

Kurt Sanderling

Er galt nicht als Show-Dirigent, sondern als jemand, der die Werke in ihrer Tiefe durchdrang. Auch wenn er ein Werk schon fünfzigmal dirigiert hatte, widmete er sich ihm, als wäre es das erste Mal. Aber Kurt Sanderling dirigierte nicht alles. Seine Auswahl war eine höchst persönliche und umfasste nur Musik, die ihm ans Herz gewachsen war. Dazu gehörte neben Beethoven, Mahler, Mozart, Sibelius und vielen anderen auch der russische Komponist Schostakowitsch, mit dem ihn ein Stück seiner Lebensgeschichte verband.

"Das spielen Sie zu gemütlich. Gejagt werden!" So etwas konnte er den Musikern zuwerfen, um sie etwa in die Stimmung der fünften Sinfonie von Schostakowitsch zu versetzen. Bilder und Assoziationen begleiteten seine Probenarbeit, und am Ende waren die Klangergebnisse häufig überraschend anders, aber immer wieder durchdrungen von der großen Ernsthaftigkeit, mit der Sanderling der Musik begegnete.

Kurt Sanderling wurde fast 100 Jahre alt, und seine Biografie liest sich wie eine Reise durch das letzte Jahrhundert: Geboren wurde er 1912 in Arys, im damaligen Ostpreußen. Als Jugendlicher kam er nach Berlin, nach der Schule begann er als Korrepetitor an der Städtischen Oper. Als Jude floh er vor den Nazis nach Moskau, am dortigen Radiosinfonieorchester konnte er erstmals selbst dirigieren. Bei Kriegsausbruch floh er nach Novosibirsk und wurde zweiter Dirigent der dorthin evakuierten Leningrader Philharmoniker. Mit dem Orchester kam er nach dem Krieg zurück nach Leningrad. 1960 ging er nach Ostberlin und wurde Chefdirigent des Berliner Sinfonie-Orchesters. 1977 hörte er auf, er war ja nun im Rentenalter. Aber bis 2002 folgte er den Rufen von Orchestern in alle Welt.

In dem Film kommen Menschen zu Wort, die mit Kurt Sanderling zusammenarbeiteten, ihm begegneten, für ihn wichtig waren oder für die er wichtig war: Simon Rattle, Mitsuko Ushida, seine Frau Barbara sowie die Söhne Thomas und Michael Sanderling, Irina Schostakowitsch, Orchestermusiker in London, Berlin und Sankt Petersburg sowie Zuschauer in Novosibirsk.

(pt/wa)

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