Mittwoch, 22. Mai 2013 / 20:15 – 21:45 Uhr
ARTE
Dokumentation (Deutschland 2013, Erstausstrahlung) "Wagnerwahn" lotet den Zusammenhang zwischen der Person Richard Wagners und seiner überwältigenden Musik aus. Der Film ist eine spannende Neuerzählung historischer Fakten und zeigt in atemberaubenden Bildern Wagners Leben auf der Flucht in Folge seiner Teilnahme am Dresdner Maiaufstand 1849. Interviews mit führenden Wagner-Experten, Animationen und Spielszenen (Samuel Finzi und Pegah Ferydoni als Richard und Cosima Wagner) verschmelzen – getragen von Wagners Musik – zu einer zeitgemäßen Dokumentation über den Komponisten.
Wagners Leben ist extrem: ausschweifend, egomanisch, anarchisch bis zur Gesetzlosigkeit. Seine schillernde Androgynität, seine Vorliebe für rosa Seide und schweres Parfüm, seine Sucht nach Luxus sind ein Schlüssel zum Geheimnis seiner berauschenden Musik. Aber erst mit seiner zweiten Frau Cosima findet er eine kongeniale Komplizin, die sein Leben organisiert. Sie ist maßgeblich für den Aufbau des Mythos Wagner verantwortlich.
Temporeich und in atemberaubenden Bilderwelten wird Wagners Leben auf der Flucht nach dem Maiaufstand gezeigt. Zudem schildert die Dokumentation seine Begegnung mit Cosima von Bülow, die für Wagner immer unentbehrlicher wird. Seinen abscheulichen Antisemitismus, den er zunächst anonym, dann mit Kalkül unter seinem Namen in wüsten Pamphleten öffentlich macht, teilt er mit ihr. Richard Wagner stirbt am 13. Februar 1883 in Venedig nach einem Zerwürfnis mit Cosima. Zu Lebzeiten stand sich Wagner immer wieder selbst im Weg, durch seine Skandale, seine Widersprüche, seinen Wahn. Erst nach seinem Tod kann Cosima den Mythos Wagner vollenden.
Wagner-Experten wie der Chefdirigent der Pariser Oper, Philippe Jordan, die Leiterin der Bayreuther Festspiele, Katharina Wagner, die Bestsellerautoren Oliver Hilmes und Eva Rieger, der Oxford-Professor Laurence Dreyfus und andere kommentieren Mythos und Machenschaften des wohl berühmtesten und bis heute umstrittensten deutschen Komponisten. Mit Hilfe von Animationen wird die Aktenlage illustriert, in aufwendigen Spielszenen wird die Geschichte von Richard und Cosima Wagner inszeniert. So hebt sich "Wagnerwahn" in seinem zeitgemäßen Umgang mit Hochkultur von gängigen Dokumentationen ab, gerade im Hinblick auf ein junges Publikum.
Samuel Finzi ("Flemming", "Kokowääh") und Pegah Ferydoni ("Türkisch für Anfänger") verkörpern das berühmteste "Gangster-Pärchen" der Kulturgeschichte. Wagners Musik hat Hollywood geprägt, dementsprechend wird die Geschichte des extravaganten Duos im Stil eines Hollywood-Melodrams der 50er Jahre erzählt. Die Dialoge basieren auf Originalzitaten aus Wagners Briefen und Cosimas Tagebüchern, und die gesamte Filmmusik besteht aus originaler Wagner-Musik.
Zusätzlich zum Film wird die Wagner-Story crossmedial durch die Medien erzählt: In einer App für Tablets und Smartphones wird in einem interaktiven Comic das Leben Wagners erzählt. Diese Geschichte wird zudem als Graphic Novel veröffentlicht.
(pt/wa)