Wagner versus Verdi: 3. Die Wagner-Religion

15. August 2013 - 08:31 Uhr

Sonntag, 18. August 2013 / 12:30 – 13:00 Uhr
ARTE

Dokumentationsreihe (Deutschland 2013, Erstausstrahlung) Andere Musiker haben Fans, aber Richard Wagner hat Jünger. Wie ist ihm das gelungen? Und wollte er das eigentlich? In den Revolutionsjahren Mitte des 19. Jahrhunderts galt Wagners Streben den Ideen von Freiheit und Nationalismus – er wollte die Deutschen von Fürstentümern und Tyrannei erlösen. Die Revolution scheiterte, und Wagner wurde steckbrieflich gesucht.

Christian Thielemann

Seine Idee einer Revolution veränderte sich, vom konkret Gesellschaftlichen und Politischen hin in Richtung einer Bewusstseinsreligion, die nach Erlösung vom Elend dieser Welt strebt. "Die Welt ist schlecht, grundschlecht, nur das Herz eines Freundes, nur die Träne eines Weibes kann sie aus ihrem Fluch erlösen", schreibt er.

Hochsymbolisch endet Wagners epochaler Zyklus "Der Ring des Nibelungen" mit dem Finale der "Götterdämmerung": Ein System aus Götterherrschaft, Macht, Gewalt und Gier bricht darin zusammen. Die Welt ist reif für eine Neuerfindung. Mit der Vollendung des Rings im Jahr 1874 ist klar: Wagner will nichts weniger als die Welt retten – und nur die Kunst kann den Weg dorthin bereiten. Kunst ist Religion und Religion ist Kunst.

Daniel Gerlach spürt in seinem Film den verschiedenen Aspekten der "Wagner-Religion" nach. Dabei entdeckt er Parallelen zu Buddhismus und Islam, lässt einen Experten für Mythologie und psychoaktive Pflanzen über das psychedelische Moment bei Wagner räsonieren und zeigt, auf wie unterschiedliche Weise die "Wagnerianer" ihrem Idol huldigen.

Der "sinnbetörende Rausch" der Musik Richard Wagners (vor dem Nietzsche warnte, und der Brahms und Tschaikowski abschreckte) zieht unverändert seine Anhänger in den Bann. Die "Wagnerianer" huldigen ihrem Idol mit ehrfürchtiger, ja fast religiöser Hingabe, so wie das Thomas Mann von sich selbst berichtet: "Die Passion für Wagners zaubervolles Werk begleitet mein Leben. Was ich ihm als Genießender und Lernender verdanke, kann ich nie vergessen, nie die Stunden tiefen, einsamen Glückes inmitten der Theatermenge, wie eben nur diese Kunst sie gewährt. Ich bin nicht satt geworden, sie zu belauschen, zu bewundern…, ich gebe es zu."

(pt/wa)

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