Sonntag, 19. Januar 2014 / 23:40 – 00:35 Uhr
ARTE
Dokumentation (Deutschland 2013, Erstausstrahlung) Was begeisterte die Menschen in der Barockzeit und fasziniert die Zuhörer heute an dieser Stimmlage: Männer, die so hoch wie Frauen singen können? Der Countertenor Andreas Scholl hat beruflich mit Helden zu tun. Er singt Könige und Feldherren mit hoher Stimme. Aber geht das überhaupt: Können männliche Eigenschaften durch hohe Singstimmen dargestellt werden?
Die Dokumentation von Manfred Scheyko beobachtet Scholl auf Proben und begleitet ihn auf seinen Konzerten, um das Geheimnis dieser oft so überirdisch klingenden Stimmlage und ihrer Wirkung zu entschlüsseln.
"Ich kam, sah und sang": Andreas Scholl erklärt und singt Julius Caesar. Von der historischen Figur ausgehend, beschreibt er, warum Georg Friedrich Händel für die Titelrolle seiner Oper "Giulio Cesare", dem Inbegriff eines männlichen Helden, ausgerechnet die hohe Stimmlage der Kastraten gewählt hat. Sie galten vor rund 300 Jahren als das Ideal in der Oper, und Kastraten wie Senesino und Farinelli waren umjubelte Superstars, denen Frauen wie Männer zu Füßen lagen.
Was aber macht die geheimnisvolle Anziehungskraft eines Countertenors aus? Andreas Scholl singt so hoch wie eine Frau und ist doch ein ganzer Kerl. Am Beispiel seiner eigenen Biografie erzählt er, wie es gelingen kann – auch jenseits der historisch kurzen Epoche der Kastraten -, die hohe Knabensingstimme über den Stimmbruch hinaus zu erhalten. Mühelos schafft er es, selbst im Pianissimo, Riesenräume zu füllen.
Seit mehr als 20 Jahren singt Andreas Scholl in den großen Konzert- und Opernhäusern der Welt, hat ein breites musikalisches Repertoire vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Er weiß, dass die hohe Stimmlage allein nicht unbedingt fasziniert und dass einfach nur "schön zu singen" eher langweilig ist. Sein Können und seine Erfahrungen gibt er deshalb in seinen Meisterklassen an der Hochschule Mainz weiter.
(pt/wa)