Der Wagner-Clan. Eine Familiengeschichte – Fernsehfilm und Dokumentation

21. Februar 2014 - 09:34 Uhr

Sonntag, 23. Februar 2014 / 20:15 – 22:45 Uhr
ZDF

Richard Wagner, revolutionärer Komponist und Dramatiker, gilt als der vielleicht erfolgreichste und umstrittenste deutsche Künstler überhaupt. Der Fernsehfilm mit Iris Berben und Justus von Dohnányi in den Hauptrollen erzählt die Geschichte von Wagners Erben. Die anschließende Dokumentation ergründet die Rolle, die das Musikgenie heute noch spielt.

Der Wagner-Clan. Eine Familiengeschichte (20:15 – 22:05 Uhr)

Der Wagner-Clan und seine Freunde

Der Wagner-Clan und seine Freunde

Fernsehfilm (Deutschland/Österreich 2014, Erstausstrahlung) 1883: In einem venezianischen Palazzo klammert sich Cosima Wagner an den Leichnam ihres Mannes Richard. Unfähig, den Tod des Genies zu akzeptieren, schwört sie ihre Kinder auf ihre "heilige Pflicht" ein: Isolde, Eva und Siegfried sollen ihr Leben ganz in den Dienst der Bewahrung von Wagners Werk stellen, um dem "Meister" zur Unsterblichkeit zu verhelfen. Die Zukunft von Bayreuth steht auf dem Spiel. Zwar gelingt es Cosima, sich gegen den Willen der mächtigen Wagnerianer als neue Festspielleiterin durchzusetzen. Doch damit die Festspiele in Familienhand bleiben, muss eines der Kinder ihre Nachfolge antreten – und weitere Nachkommen in die Welt setzen.

Thronfolger Siegfried zeigt allerdings eher malerische als musikalische Ambitionen. Am liebsten würde er mit seinem heimlichen Liebhaber Dorian in die Südsee auswandern. Als durchsetzungsfähiger erweist sich die Älteste, Isolde. Ihren Verehrer Chamberlain, einen Brieffreund und engen Vertrauten Cosimas, hat sie an ihre unscheinbare Schwester Eva abgetreten. Gemeinsam mit dem ambitionierten jungen Dirigenten Franz Beidler träumt Isolde davon, Bayreuth zu erneuern. Als sie schließlich den ersehnten "Stammhalter" zur Welt bringt, scheint für Cosima die Frage der Nachfolge beantwortet.

Doch Chamberlains eifersüchtige Intrigen treiben einen Keil zwischen die Geschwister und ihre Mutter. Siegfried soll sich gegen Beidler behaupten – woraufhin dieser den schwulen Schwager bei der prüden Schwiegermutter denunziert. Als Isolde dennoch zu ihrem Mann hält, wird sie von Cosima "entwagnert" und enterbt. Wütend und verzweifelt klagt sie vor Gericht auf ihr Recht: Auch wenn ihre Mutter bei ihrer Geburt noch mit Hans von Bülow verheiratet war – jeder weiß, Isolde ist die leibliche Tochter Richard Wagners. Beweise gibt es dafür allerdings nicht. Isolde verliert den Prozess. Verarmt und von ihrer Familie vergessen stirbt sie Jahre später an Tuberkulose. Doch die Erinnerung an Wagners Lieblingstochter, seine "Brünnhilde", lebt im Hause Wagner fort: Siegfried, von Cosima zu einer Ehe gedrängt, zeugt mit der viel jüngeren Winifred vier Kinder – und in der Jüngsten erkennt er den rebellischen Geist von Isolde wieder: Friedelind lässt sich von niemandem einschüchtern, schon gar nicht von "Onkel Wolf" – dem jungen Adolf Hitler, der neuerdings bei Wagners ein und aus geht.

Der Film erzählt keine konventionelle Biografie des Komponisten, sondern die Geschichte seiner Erben – als spannende, zeitgemäße und humorvolle "chronique scandaleuse", die mit Wagners dramatischem Tod beginnt und mit dem Beginn einer neuen Ära ihr vorläufiges Ende findet. In assoziativen Rückblicken blitzen momenthafte Erinnerungen an Wagners Lebzeiten auf. Im erbitterten Streit um sein Erbe zeigt sich dann, wer den wahren Geist des "Meisters" verkörpert: nicht seine Witwe Cosima, die als "Hohe Frau" im Hintergrund die Fäden zieht, sondern seine Lieblingstochter Isolde, eine selbstbewusste und leidenschaftliche Rebellin, die um ihren Platz in der Familie kämpft – und schließlich von der eigenen Mutter verstoßen wird.

Der Wagner-Clan – Die Dokumentation (22:05 – 22:45 Uhr)

Gero von Boehm und Nike Wagner

Gero von Boehm und Nike Wagner

Dokumentation (Deutschland 2014, Erstausstrahlung) Anspielungsreich und reich bebildert zieht die Dokumentation die Zuschauer in den Sog der Ereignisse nach Hitlers Erstarken. Damit schließt sie direkt an den Fernsehfilm "Der Clan. Die Geschichte der Familie Wagner" an und beleuchtet das weitere Schicksal des Clans mit all seinen Intrigen und Zwistigkeiten, aber auch Triumphen.

Cosima Wagner hatte die Weichen gestellt für eine dynastische Fortführung der Festspiele in Bayreuth. Mit ihrer Schwiegertochter Winifred kommt eine Parteigängerin der Nationalsozialisten an die Macht. Sie freundet sich eng mit Adolf Hitler an, der bei den Wagners ein und aus geht, Winifreds vier Kinder nennen ihn "Onkel Wolf". Die Allianz Hitlers mit Bayreuth wird in der Dokumentation in spektakulären Archivbildern beleuchtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist Winifreds Zeit vorbei. Durch ihre Verstrickungen untragbar geworden, setzt sie ihre beiden Söhne Wieland und Wolfgang als Festspielleiter ein. Doch auch unter deren Leitung schwelen die Grabenkämpfe innerhalb der Familie weiter. Der Zwist gipfelt in der schwierigen heutigen Situation der Festspiele.

Der Film beantwortet die in der Öffentlichkeit immer wieder diskutierten Fragen: Inwieweit kann Richard Wagner selbst für die Ereignisse dingfest gemacht werden? Durch Rückblenden in seine Biografie werden manche Entwicklungslinien klarer, die Bedeutung seiner Musik wird sichtbar.

In Bayreuth, in Tribschen bei Luzern, in Zürich und in Venedig sucht die Dokumentation nach Wagners Spuren, aber auch nach der Rolle, die das Musikgenie heute noch spielt – als Idol, als Hassfigur, als Kitschzwerg. An Wagner scheiden sich immer noch die Geister.

Als Protagonisten erzählen der Dirigent Daniel Barenboim, der Wagner-Biograf Oliver Hilmes und die Musikwissenschaftlerin Eva Rieger von ihren Erfahrungen mit Wagners Musik und mit dem Clan. Wolfgang Wagners abtrünniger Sohn Gottfried und seine Cousine Nike Wagner berichten aus sehr persönlicher Perspektive von den Verstrickungen der Familie.

(pt/wa)

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