Bonn (MH) – Der Pianist Karlrobert Kreiten wurde am Morgen des 3. Mai 1943 verhaftet. Eine Nachbarin hatte den 27-Jährigen wegen einer kritischen Bemerkung über Hitler denunziert. Mit seiner Hinrichtung vier Monate später wurde auch eine der verheißungsvollsten Pianistenkarrieren des 20. Jahrhunderts jäh beendet.
Ein Konzertprojekt zum 100. Geburtstag Kreitens soll nun an diese pianistische Ausnahmeerscheinung erinnern. In acht Konzerten präsentiert der junge Florian Heinisch genau das Programm, das der Schüler von Claudio Arrau am Tag seiner Verhaftung spielen wollte. Die Tournee mit Werken von Chopin, Beethoven, Mozart und Liszt beginnt am (heutigen) Sonntag in Bonn, der Geburtsstadt Kreitens.
Dessen Schicksal habe ihn zutiefst erschüttert, sagte Moritz von Bredow, der Initiator des Projekts "Das ungespielte Konzert". Der Hamburger Kinderarzt engagiert sich auch bei der Klavierstiftung "The Keyboard Charitable Trust". Als Autor hat er schon der von den Nationalsozialisten vertriebenen Pianistin Grete Sultan ein biographisches Denkmal gesetzt.
Das Kreiten-Projekt sei für ihn eine Herzensangelegenheit: "Man muss gegen das Vergessen kämpfen", betonte von Bredow mit Blick auf das Schicksal des seinerzeit hochgelobten und ausgezeichneten Musikers. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Lage bekomme das "politische, historisch infizierte Konzert" eine neue Dimension bekomme.
Weitere Stationen der Tournee sind unter anderem Köln, Heidelberg und Hamburg. Den Abschluss bildet ein Konzert in Berlin (30. Juni), wo Kreiten hingerichtet worden war. Der 25-jährige Pianist Florian Heinisch studiert an der Musikhochschule Karlsruhe bei Sontraud Speidel und wurde bereits mehrfach ausgezeichnet.
(Von Guido Krawinkel)
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