Frankfurt am Main (MH) – Großen Jubel erntete Regisseur Johannes Erath, der in Wagners einziger komischer Oper "Die Meistersinger von Nürnberg" am Sonntagabend nicht nur Parallelen zu Mendelssohns/Shakespeares "Ein Sommernachtstraum" entdeckte, sondern ihm auch mit Samuel Beckett Züge des absurden Theaters verlieh. So arrangierte er das Sängerpaar Hans Sachs und Stadtschreiber Sixtus Beckmesser als Verwandte von Estragon und Wladimir, die untrennbar miteinander in Hass, Zuneigung und Abhängigkeit verbunden sind.
Als Zauberkreisel erwies sich die in unzählige Ansichten aufspaltbare Drehbühne Kaspar Glarners, der für die Meistersinger-Gilde je nach aktueller Machtstellung aussagekräftige Stühle konstruierte: Von den meterhoch sich verengenden Sitzen des ersten Aufzugs, die ein hartes Urteil "von oben herab" begünstigen, über schlichte Holzstühle des zweiten bis hin zu wackeligen Rollstühlen im dritten Aufzug.
Generalmusikdirektor Sebastian Weigle, der "Die Meistersinger von Nürnberg" in Bayreuth fünf Jahre lang dirigierte, betonte das kammerspielartig intime von Wagners komplexen Werk und ließ die vielen polyphonen Verwebungen in all ihrer changierenden Vielfältigkeit schimmern. Ensemblemitglied Nicholas Brownlee gab als Hans Sachs ein Bayreuth-würdiges Debüt, ebenso wie Andreas Bauer Kanabas in der Rolle des Goldschmieds Veit Pogner. Eindrücklich in seiner mal mitleiderregenden, mal ulkigen Beckmesser-Eselei verwandelte Gastbariton Michael Nagy sein Debüt in einen Triumph, während AJ Gluckert als weiße Traumgestalt Walther von Stolzing stimmlich und darstellerisch enttäuschte. Claudia Mahnke sang eine wandelbare, schwarz bestrapste Marlène-Magdalene, während das Frankfurt- und Rollendebüt der jungen Magdalena Hinterdobler als Eva noch Wünsche offenließ. Einmal mehr zeigte der gerade preisgekrönte Opernchor unter Tilman Michael mit dem "Wach auf!"-Chor seine überragende Qualität.
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(bb/wa)
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