Nie im Elfenbeinturm verkrochen – Geigenvirtuose Itzhak Perlman wird 70

31. August 2015 - 08:30 Uhr

Berlin – Itzhak Perlman spielt seit mehr als 50 Jahren in Konzertsälen weltweit. Er ist in der "Sesamstraße" aufgetreten, hat Filmmusik aufgenommen und liebt Jazz und Klezmer. Der Geigenvirtuose aus Israel, der am (heutigen) Montag 70 Jahre alt wird, gilt als einer der berühmtesten Musiker überhaupt. Und er steht in einer Reihe mit Geigen-Größen wie Yehudi Menuhin und Jascha Heifetz.

Itzhak Perlman

Itzhak Perlman

Dabei schienen für Perlman die Hürden für eine Musikerkarriere zunächst kaum überwindbar. Der 1945 in Jaffa geborene Perlman erkrankte mit vier Jahren an Kinderlähmung. Seitdem ist er auf Gehhilfen angewiesen und kann nur im Sitzen spielen. Doch nach einer erfolgreichen Behandlung begann er in Israel mit der Ausbildung. Mit 13 Jahren zog er in die USA und studierte an der New Yorker Juilliard School mit den legendären Lehrern Ivan Galamian und Dorothy DeLay. Ein Auftritt in der TV-Show von Ed Sullivan machte ihn auf einen Schlag berühmt. Auf DeLays Betreiben, die den jungen Perlman nach Kräften förderte, gab er 1963 sein erstes Konzert in der Carnegie Hall. Mit Henryk Wieniawskis f-Moll-Konzert erntete er einen Riesenerfolg.

"Den Mut, mit dem er seine Behinderung annahm, ist unglaublich", schreibt Daniel Barenboim in dem Begleitheft, das nun zu den Einspielungen Perlmans für das Plattenlabel Warner Records zum Geburtstag erschienen ist. Mit dem Pianisten und Dirigenten, den Perlman aus Kinderjahren in Tel Aviv kannte, entstanden legendäre Aufnahmen, etwa die Brahms-Sonaten für Klavier und Violine und Beethovens Tripelkonzert.

Federleicht erscheint Perlmans Spieltechnik. Der Geige könne Perlman jeden Klang entlocken, schwärmte 1982 ein Kritiker der "New York Times". Doch Perlman wolle sein Publikum nicht überwältigen, sondern sei ein "demokratischer Virtuose", "einer von uns".

Ob mit Pinchas Zukerman, Martha Argerich, Plácido Domingo oder Yo-Yo Ma – es gibt kaum einen berühmten Interpreten oder Dirigenten, mit dem Perlman nicht musiziert hätte. Und kaum ein großes Orchester, das ihn nicht engagierte – von den Wiener Philharmonikern bis zu den Berlinern, die er auch dirigierte. Dabei wurde er mit Preisen geradezu überhäuft – mit Grammys, Goldenen Schallplatten und Ehrendoktor-Würden.

Perlman zählt zu den bekanntesten Musikern in den USA, auch, weil er etwa die Musik für Steven Spielbergs Film "Schindlers Liste" einspielte und regelmäßig Gast in TV-Shows ist. Perlmans Stellenwert im US-Kulturleben wurde mit dem Auftritt bei der Amtseinführung von US-Präsident Barack Obama im Januar 2009 vor dem Kongress in Washington deutlich.

Und sein Repertoire ist geradezu überbordend. Ob Vivaldis "Vier Jahreszeiten", die Konzerte von Mendelssohn, Bruch, Sibelius oder Brahms, Kammermusik und Paganinis Variationen – Perlman hat sie mit seiner Stradivari-Geige von 1714 alle gespielt und oft auch mehrfach aufgenommen. Auch wenn er in den letzten Jahren eher ins Seichte abrutschte, wie der "Spiegel" naserümpfend anmerkte – er ist immer ein Geigenzauberer geblieben. Perlman hat sich dabei nie in den Elfenbeinturm verkrochen. Geigen-Aficionados können sich auf YouTube bei ihm Tipps holen – in Videos wie etwa "Itzhak über das Vibrato".

(Von Esteban Engel, dpa/MH)

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http://www.itzhakperlman.com

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