Bonn – Ein geplanter Auftritt des türkischen Journalisten Can Dündar bei der Verleihung des Beethovenpreises für Menschenrechte ist kurzfristig abgesagt worden. Gemeinsam mit Dündar habe man entschieden, die Laudatio zurückzuziehen, weil sie "weitreichende, starke Reaktionen in Europa und der Türkei hervorgerufen" habe, teilte die Bonner Beethoven Academy als Veranstalter am Donnerstag mit.
Dündar, bis August Chefredakteur der regierungskritischen türkischen Zeitung "Cumhuriyet", sollte am Samstag in der Bonner Kreuzkirche die Festrede auf den diesjährigen Preisträger, den türkischen Pianisten, Komponisten und Bürgerrechtler Fazıl Say halten. Vor allem auf Facebook habe es harsche Reaktionen teilweise "unter der Gürtellinie" gegeben, sagte der Intendant der Beethoven Academy, Torsten Schreiber, der Deutschen Presse-Agentur. Diese seien gesichert und an die Polizei weitergeleitet worden. Wer die Urheber waren, könne er nicht sagen.
An der Preisverleihung werde Dündar nun gar nicht teilnehmen. Er wolle mit dem Verzicht "seinen Freund Say im Mittelpunkt stehen lassen", sagte Schreiber. Das bedeute aber nicht, dass die Veranstalter vor möglichen Protesten eingeknickt seien. "Sicherheitstechnisch hätten wir die Veranstaltung durchgezogen."
Dündar war im Mai in Istanbul wegen brisanter Enthüllungen der "Cumhuriyet" zu knapp sechs Jahren Haft verurteilt worden. Er konnte das Land verlassen und lebt inzwischen in Deutschland.
Der mit 10.000 Euro dotierte "Internationale Beethovenpreis für Menschenrechte, Frieden, Freiheit, Armutsbekämpfung und Inklusion" war 2015 ins Leben gerufen worden. Schirmherr ist Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU).
Erster Preisträger war der syrisch-palästinensische Pianist Aeham Ahmad, der in den Ruinen von Damaskus auf der Straße gegen die Gewalt in seinem Heimatland Syrien Klavier gespielt hatte. In diesem Jahr werde Say ausgezeichnet, weil er "mit seinen Kompositionen immer wieder den Dialog zwischen Europa und der Türkei sucht", sagte Schreiber.
(dpa/MH)
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