Wien/Berlin (MH) – Der Komponist Wolfgang Rihm ist tot. Er starb in der Nacht zu Samstag, wie sein Verlag Universal Edition in Wien mitteilte. Mit Rihm verliere die gesamte zeitgenössische Musikwelt eine wichtige Schlüsselfigur, erklärte die Vorstandsvorsitzende Astrid Koblanck. "Wolfgang Rihm wird uns als Schöpfer von musikalischen Werken mit unzähligen Bedeutungsebenen in Erinnerung bleiben." Der Komponist wurde 72 Jahre alt.
Zu den mehr als 600 Kompositionen Rihms zählen Oratorien, Orchesterwerke, Ensemblewerke und Kammermusik sowie Musiktheaterwerke. Er schuf etwa die Opern "Die Eroberung von Mexico", "Die Hamletmaschine", "Dionysos", "Jakob Lenz", "Proserpina" und "Das Gehege", im Orchesterrepertoire vor allem "Verwandlung 1-6", "Nähe fern 1-4", "Transitus III", sein 2. Klavierkonzert und die Werke "Ernster Gesang", "Gesungene Zeit" und "Lichtes Spiel". Für kleinere Ensembles schrieb er unter anderem "Jagden und Formen", "Séraphin-Sphäre", "Fetzen" oder "Mnemosyne".
Geboren 1952 in Karlsruhe, begann Rihm mit elf Jahren zu komponieren. Sein Studium der Komposition und Musiktheorie an der Karlsruher Musikhochschule schloss er zeitgleich mit seinem Abitur ab. Anschließend studierte er in Köln bei Karlheinz Stockhausen sowie Komposition und Musikwissenschaft in Freiburg. 1985 übernahm er die Professur für Komposition in Karlsruhe.
Rihm wurde vielfach ausgezeichnet. So verlieh ihm die Freie Universität Berlin 1998 die Ehrendoktorwürde. 2001 erhielt er den französischen Orden "Officier dans l’Ordre des Arts et des Lettres" und zwei Jahre später den Ernst von Siemens Musikpreis. 2011 wurde ihm das Große Bundesverdienstkreuz verliehen und 2014 das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern. 2019 erhielt er den Deutschen Musikautorenpreis der Gema für sein Lebenswerk.
Neben seinem musikalischen Schaffen wirkte er als Präsidiumsmitglied des Deutschen Komponistenverbandes und des Deutschen Musikrats sowie als Mitglied des Gema-Aufsichtsrates. Von 1984 bis 1989 war er Mitherausgeber der Musikzeitschrift "Melos". Zudem fungierte er als musikalischer Berater für die Deutsche Oper Berlin und des Zentrums für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) würdigte Rihm als einen der bedeutendsten, produktivsten und meistgespielten Komponisten zeitgenössischer Musik, der in der Literatur ebenso beheimatet war wie in der Musik. "Von Widerständen und Kritik unbeeindruckt, ist er immer weiter gegangen, hat eine eigene Ästhetik entwickelt und über Jahrzehnte hinweg ein ebenso umfangreiches wie vielseitiges Œuvre geschaffen. Wir verlieren eine wahre Institution der Musikwelt. Seine Werke werden bleiben."
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(wa)
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