Gegen die Sparmaßnahmen im Orchesterbereich protestierten 150 Musiker aus fast allen bundesdeutschen Profiorchestern am Montag in Hannover. Unter dem Motto "Orchester? Frisch gestrichen!" wiesen sie auf den massiven Abbau von Musikerstellen und die Abwicklung ganzer Orchester hin. Als "übriggebliebenes Schrumpforchester" spielten ein Streichquartett und ein Bläserquintett den Luther-Choral "Aus tiefer Not schrei ich zu Dir". Für die Protestaktion wurde der UNESCO-Welttag der kulturellen Vielfalt gewählt.
Die deutsche Orchesterlandkarte bekomme immer größere Löcher, erklärte der Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung (DOV), Gerald Mertens. Vielerorts sei die musikalische Substanz schon längst geschädigt. Weitere Sparmaßnahmen würden die bislang von der ganzen Welt bewunderte deutsche Orchesterlandschaft endgültig demontieren.
Weiterhin wies Mertens darauf hin, dass "weit weniger als ein Prozent der öffentlichen Haushalte" in die Musikkultur fließe. "Dabei ist Kultur neben Wissen einer der wenigen 'Rohstoffe', über die Deutschland verfügt." Deshalb müssten die Kulturausgaben stabilisiert werden. "Es wird Zeit, dass die politisch Verantwortlichen das endlich erkennen und entsprechend handeln", sagte der DOV-Chef.
Nach Angaben der Orchestervereinigung hat Deutschland innerhalb der letzten 20 Jahre fast ein Viertel seiner Kulturorchester verloren. Von 168 Orchestern im Jahr 1992 spielten heute nur noch 132. Bei fast allen übrigen Klangkörpern gebe es erhebliche Stellen- und Etatkürzungen. Weitere massive Einsparungen und Orchesterfusionen oder -auflösungen seien geplant. Als aktuelle Beispiele wurden die SWR-Orchester Stuttgart und Baden-Baden/Freiburg, die Bergischen Symphoniker Remscheid-Solingen, die Duisburger Philharmoniker sowie einzelne Orchesterstandorte in Mecklenburg-Vorpommern und anderen Bundesländern genannt.
(wa)
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