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Berlin (mh) – Junge Musiker und die Nachwuchsförderung standen im Mittelpunkt der diesjährigen Verleihung des ECHO Klassik. Mit dem Musikpreis wurden am Sonntag in Berlin nicht nur CD-Aufnahmen gewürdigt, sondern auch die Arbeit dahinter, die bei den meisten Künstlern schon im Kindesalter begann. So widmete die Sopranistin Anna Prohaska ihren Preis als Nachwuchskünstlerin des Jahres allen jungen Musikern, denen der große Durchbruch noch nicht gelungen ist.
Ihre Motivation fasste die Pianistin Khatia Buniatishvili in einem Satz zusammen: "Es ist Liebe zu den Menschen und Liebe zur Musik". Die 25-Jährige erhielt den ECHO aus den Händen der Sängerin Tori Amos, die ebenfalls zu den Preisträgern zählte. Ihre eigene Auszeichnung nannte Amos eine Rückkehr in die Familie der klassischen Musik: Mit fünf Jahren habe sie am Peabody Konservatorium begonnen, sei jedoch mit elf "rausgeworfen" worden. Den "Klassik ohne Grenzen"-Preis erhielt sie für ihr Album "Night of Hunters", auf dem sie Lieder mit ihrer damals zehnjährigen Tochter singt.
Auch etablierte Stars blickten bei der Preisverleihung auf ihre Ausbildung zurück. Der Tenor Klaus Florian Vogt, der vor seiner Sängerkarriere Hornist im Orchester gewesen ist, nannte es "ein Glück, in einem Land zu leben, in dem man zwei Hobbies zum Beruf machen kann". Die Sänger vom Ensemble Amarcord, das im Jahr seines 20-jährigen Jubiläums den zweiten ECHO erhielt, dankten dem Thomanerchor, bei dem ihre Anfänge lagen. Der Thomanerchor selbst wurde im 800. Jahr seines Bestehens mit einem ECHO Sonderpreis ausgezeichnet. Mit dem Bildungscampus Forum Thomanum sorgt der Chor weiter für Sängernachwuchs.
Wie wichtig es sei, "kulturelle Inhalte zu vermitteln", betonte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Musikindustrie, Dieter Gorny. In diesem Sinne prämierte die Jury des ECHO Klassik zwei musikpädagogische Initiativen mit dem Preis für Nachwuchsförderung. In der "Musikalischen Grundschule" der Bertelsmann Stiftung ist die Musik Lernprinzip und Gestaltungselement in allen Fächern. Das erleichtere auch das Erlernen von Sprachen und Naturwissenschaften, stellten die Lehrer fest. "Mit Musik hat man mehr Spaß an der Schule", meinte der zehnjährige Martin. Zudem werde den Kindern Toleranz vermittelt, erklärte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, Liz Mohn: "Es gibt nur eine erste Stimme, das ist die Musik".
Musik bestimmt auch die Gesamtschule Bremen-Ost, seit die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen in dem Gebäude ihren Probenraum und Konzertsaal eingerichtet hat. Mit dem Projekt "Zukunftslabor" seien Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit gegeben, betonte der Geschäftsführer des Orchesters, Albert Schmitt: "Die Kinder erleben, dass die Musiker jeden Tag da sind." Der Unterricht werde durch das Orchester nicht gestört, im Gegenteil: "Als letztens während der Englisch-Prüfung die Kammerphilharmonie probte, dachte ich: Sowas hat nicht jede Schule", erklärte Aaron nicht ohne Stolz. Sein Mitschüler Simon betonte, wie sehr das Orchester den Bezirk von einem sozialen Brennpunkt hin zu einem bunten Stadtteil entwickelt habe.
"Das haben Beethoven und Kreisler verdient", gab David Garrett seinen ersten Gedanken wieder, als er vom Preis "Bestseller des Jahres" für sein Album "Legacy" erfuhr. "Beide Komponisten waren Rockstars in ihrer Zeit, heute sind sie Klassiker", erklärte der Geiger. Jeder leidenschaftliche Künstler wolle Werke schaffen, die über seine Generation hinaus populär sind. Garrett dankte seinen Fans, "dass Ihr mit mir den Weg in die Klassik geht und dadurch Beethoven und Kreisler noch einmal diesen großartigen Erfolg beschert habt".
"Die Arbeit der Musiker bewundere ich mehr als alles auf der Welt", sagte die Krimischriftstellerin Donna Leon bei ihrer Laudatio auf den Countertenor Philippe Jaroussky. Auszeichnungen in insgesamt 21 Kategorien gingen an Solisten wie die Trompeterin Alison Balsom, die Geigerin Rebekka Hartmann und die Pianistin Jin Ju sowie Ensembles wie das Leipziger Streichquartett. Den Preis für sein Lebenswerk erhielt der Dirigent und Pianist Daniel Barenboim. Neben seiner künstlerischen Leistung wurde sein Engagement für die Völkerverständigung gewürdigt.
Die Preisträger, die bei der Gala auftraten, wurden vom Konzerthausorchester Berlin begleitet. Dirigent war der ebenfalls ECHO-prämierte Vasily Petrenko. Für die Nachwuchsarbeit standen letztlich sogar die beiden Gastgeber Nina Eichinger und Rolando Villazón, die bei der 19. ECHO Klassik-Verleihung ihr gemeinsames Debüt gaben. Die Moderatorin, die erklärtermaßen keine Klassik-Expertin ist, präsentierte die Show gut vorbereitet und mit viel Enthusiasmus. "Für die Fachfragen" stand ihr der nicht minder begeisterte mexikanische Tenor zur Seite – "mein Sicherheitsnetz", wie Eichinger erklärte.
Der ECHO Klassik zählt zu den renommiertesten Musikpreisen weltweit. Die Auszeichnung wird seit 1994 jährlich von der Deutschen Phono-Akademie, dem Kulturinstitut des Bundesverbandes Musikindustrie, vergeben.
(wa)
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