Sonntag, 19. August 2012 / 11:00 – 12:00 Uhr
BR-alpha
Dokumentation (Deutschland 2006) Kein junger deutscher Komponist hat so große Publikumserfolge und vor allem Aufführungen mit so namhaften Interpreten wie er: London Philharmonic Orchestra mit Kent Nagano, NDR Sinfonieorchester mit Christoph Eschenbach, Berliner Philharmoniker mit Claudio Abbado. Matthias Pintscher (geboren 1971) gehört zu den wenigen Komponisten, die sich vor Aufträgen kaum retten können. Eine Märchenkarriere, die allerdings in einem Land, in dem André Ríeu und Dieter Bohlen gefeiert werden, wenig bis gar nicht bemerkt wird.
Matthias Pintscher ist heute weltweit einer der herausragenden Komponisten der jüngeren Generation. Nicht nur in Deutschland, wo der inzwischen 38-Jährige lebt, sondern auch in Frankreich, in England und immer wieder in den USA wird seine Musik mit beachtlichem Erfolg gespielt. Dirigenten wie Simon Rattle, Pierre Boulez und Claudio Abbado haben sich seiner angenommen und Stücke von ihm uraufgeführt.
Ein Kennzeichen der Kompositionen von Matthias Pintschers ist es, dass sie sich mit rigorosem Ernst, ohne Kompromisse an irgendeinen Zeitgeschmack auf die Geheimnisse des Klangs einlassen, seine Tiefendimension und seine Schönheit. Egal ob Orchesterwerk, Kammermusik oder Solostück, immer geht es um diese Innenwelt des Klangs, die bis an die Ränder der Stille führt und Schritt für Schritt Entdeckungen bereithält. Jedes Detail, jede winzige Verschiebung kann in diesem Umkreis zum Ereignis werden.
Der Film von Klaus Voswinckel rückt das Werk und die Person des Komponisten auf verschiedenen Ebenen in den Blick. Er begleitet Matthias Pintscher nach Berlin, wo Simon Rattle das Orchesterstück "Towards Osiris" probt, ein Auftragswerk der Berliner Philharmoniker. In Paris, seiner erklärten Lieblingsstadt, dirigiert der Komponist selber das Ensemble Intercontemporain mit seinem Stück "Tenebrae". Und in Luzern ist es Pierre Boulez, der Pintschers "Monumento V" einstudiert, ein Werk für Orchester und acht Sänger nach einem Gedicht von Arthur Rimbaud.
Bei alledem geht es auch um den engen Bezug zur Malerei und zur Literatur, die bei Matthias Pintscher großen Einfluss aufs Komponieren genommen haben. Arthur Rimbaud, Beuys, Cy Twombly sind für ihn Inspirationsquellen. Zu den Äußerungen und Selbsterklärungen des Komponisten gesellen sich im Film Gespräche mit Simon Rattle, Pierre Boulez und Siegfried Mauser, der auch das Klavierstück "On a clear day" spielt. In Berlin kommt es zudem zu einer Begegnung mit dem Jazzpianisten Walter Norris. Von verschiedenen Seiten her entsteht so das Bild dieses erstaunlichen, freundlichen, eleganten und ganz unarroganten Komponisten, dessen Glück es ist, unbeirrbar und zugleich hochbegehrt zu sein.
(pt/wa)