Taiwan, Insel der 1.000 Geigen

13. März 2015 - 12:10 Uhr

Sonntag, 15. März 2015 / 23:50 – 00:35 Uhr
ARTE

Dokumentation (Frankreich/Taiwan 2014, Erstausstrahlung) Taiwan zeichnet sich seit Jahrhunderten durch seine kulturelle Vielfalt aus. Selbst der exotische Klang der westlichen klassischen Musik konnte unter der Herrschaft Japans Einzug halten. Der Dokumentarfilm von Mark Kidel ist eine musikalische Reise nach Taiwan, mit Anne-Sophie Mutter, Sir Simon Rattle, der Pianistin Chen Pi-hsien und der jungen Geigerin Sophie Wang. Hinzu kommt ein Besuch bei dem Großindustriellen und Geigenliebhaber Shi Wen-long. Seine Kollektion umfasst inzwischen 1.400 Geigen.

Jugendensemble des National Taiwan Symphony Orchestra

Jugendensemble des National Taiwan Symphony Orchestra

Die Liebe zur klassischen westlichen Musik hat im Fernen Osten Tradition. Die Bedeutung der klassischen Musik ist in zahlreichen Dokumentationen belegt: "Von Mao zu Mozart: Isaac Stern in China" – während der Chinesischen Kulturrevolution entstanden, ein in den 80er Jahren realisierter Film über Yehudi Menuhins China-Aufenthalt sowie Porträts berühmter Wunderkinder aus Fernost wie Yo Yo Ma, Lang Lang und Yuja Wang.

Doch klassische Musik produziert nicht nur ihre Stars, sie ist außerdem ein wichtiger wirtschaftlicher, sozialer und politischer Faktor. Ihre geschichtliche Einordnung ist je nach Land – ob Korea, China oder Japan – unterschiedlich. Die Hinwendung zur Klassik begann in den 20er Jahren, als sich die gehobene asiatische Mittelklasse zunehmend westlichen Werten öffnete. Schon bald gehörten die Schulung der Hörgewohnheiten und die musikalische Praxis zur gesellschaftlichen Etikette. Taiwan, zwischen China und Japan gelegen, schöpft aus vielfältigen asiatischen und westlichen Traditionen.

1945 brachten die japanischen Besatzer die klassische Musik aus Europa auf die Insel und schufen damit die Grundlagen dafür, dass sich die Klassik in der taiwanesischen Kultur verankern und über die Jahre ihre identitätsstiftende Wirkung entfalten konnte. Nach der Kapitulation der Japaner wurde die Insel Taiwan nach 50 Jahren japanischer Herrschaft an die Republik China übergeben. 1949 endete der chinesische Bürgerkrieg mit der Niederlage Tschiang Kai-scheks und dem Rückzug der Kuomintang-Regierung auf die Insel Taiwan, die neben einigen kleineren Inseln anderer Provinzen zum alleinigen Hoheitsgebiet der Republik China wurde.

Heute beherbergt die Insel eine außergewöhnliche Sammlung von über tausend seltenen Geigen. Die gegenwärtige taiwanesische Musikszene ist lebendiger denn je. Musikalische Früherziehung, Sammler, Komponisten, Virtuosen und große Philharmonien bilden eine facettenreiche Welt, in der fernöstliche und westliche Traditionen verschmelzen.

(pt/wa)

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