Sonntag, 20. Oktober 2013 / 23:20 – 01:45 Uhr
ARTE
Oper (Frankreich 2011) Giuseppe Verdis Oper "Nabucco" behandelt die alttestamentarische Geschichte von der Gefangenschaft des jüdischen Volkes in Babylon, symbolisiert durch den Chor des dritten Aktes, das berühmte "Va pensiero" ("Flieg', Gedanke, getragen von Sehnsucht"). Darin beklagen die zu harter Arbeit verurteilten Hebräer ihr "schönes und entferntes Heimatland".
Der Überlieferung nach soll sich die Mailänder Bevölkerung unter österreichischer Herrschaft mit dem in Verdis Gefangenenchor ausgedrückten Freiheitsstreben identifiziert haben. Da Verdi die Handlung aus Zensurgründen nicht in der Gegenwart spielen lassen konnte, verlegte er sie in biblische Zeiten zurück.
Verdis zweite Oper, die zu seinen bedeutendsten zählt, wurde 1842 in der Mailänder Scala uraufgeführt und war ein sensationeller Erfolg. Zum 150. Jubiläum der Einigung Italiens regte der Dirigent Riccardo Muti diese Neuinszenierung von "Nabucco" an. Die Neuproduktion feierte im März 2011 im Teatro dell’Opera in Rom Premiere.
Muti und Regisseur Jean-Paul Scarpitta betonen den universellen Kern des Werkes: die Lage der Geknechteten, das Gegeneinander der Mächtigen und die im Volk aufkeimende Hoffnung.
Die große Attraktion des "Nabucco" bildet der Gefangenenchor. Mal bescheiden, mal mächtig, mal kaum vernehmbar, mal kämpferisch ist er ein Meisterstück der Opernkunst und ein wirkungsvolles dramaturgisches Mittel, um die Spannung in der Mitte des Stückes noch einmal zu steigern.
Doch die Oper erschöpft sich keineswegs in diesem Chor, sondern hält immer wieder überraschende Wendungen bereit. Die Partitur ist voller einfacher, wirkungsvoller, kühner und origineller Ideen. Verdis Musik entspricht dem ungeheuren Format seiner Figuren. Die drei Hauptgestalten sind Nabucco, König von Babylon, Zaccaria, der Hohepriester der Hebräer, und Abigaille, Sklavin und vermeintliche erstgeborene Tochter Nabuccos. Der Chor, die vierte "Hauptperson", tritt lange vor dem berühmten "Va piensero" auf, und zwar bereits zu Beginn der Oper: in der unglaublichen Panik, die Nabuccos Einmarsch in Jerusalem ankündigt. Und mit dem erhabenen "Immenso Jehova!" beendet der Chor das Werk.
(pt/wa)