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Berlin – Orchestermusiker werden nach Ansicht ihres Berufsverbands vor allem im Osten Deutschlands oft schlechter bezahlt, als im Flächentarifvertrag vorgesehen. Sie verzichteten auf Geld, damit im Gegenzug betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen würden, sagte Gerald Mertens von der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) am Mittwoch in Berlin. In 42 von bundesweit 131 öffentlich geförderten Kulturorchestern gebe es solche Haustarifverträge. Davon liegen 31 Orchester in den neuen Bundesländern und in Berlin.
Wie viel ein Musiker regulär verdient, hängt davon ab, wie sein Orchester im Flächentarifvertrag eingestuft ist. Die Einordnung richtet sich unter anderem nach der Größe. In einem kleinen D-Orchester seien es als Anfänger 2.100 Euro im Monat, sagte Mertens. "In einem A-Orchester sind es ungefähr 3.200 Euro. Konzertmeister, Solisten verdienen natürlich mehr." Und in bekannten Konzerthäusern liegen die Gagen der Musiker ohnehin darüber.
Ein Orchester kann von den Vorgaben im Flächentarifvertrag aber auch nach unten abweichen, wenn es finanziell eng wird. Dann wird ein entsprechender Haustarifvertrag vereinbart. Ist die Lage mancher Orchester so prekär?
Nach Ansicht des Deutschen Bühnenvereins, also der Arbeitgeberseite, gibt es einen anderen Knackpunkt. "Das Problem ist, dass einige Orchester in den neuen Bundesländern zu hoch eingruppiert sind", sagte der Geschäftsführende Direktor Rolf Bolwin. Nach der Wiedervereinigung seien einige Orchester höher eingestuft worden. Es gebe auch immer noch Orchester, die gemessen an ihrem Standort sehr groß seien, etwa Halle.
Insgesamt spielen in Deutschland 131 Kulturorchester – genau so viele wie vor zwei Jahren, wie die DOV-Statistik zeigt. Seit 1992 seien aber 37 Orchester verschwunden. Die Zahl der Planstellen sei um etwa 2.000 auf rund 10.000 zurückgegangen. Gerade im Osten seien einige Orchester massiv unterfinanziert, kritisierte DOV-Geschäftsführer Mertens. Nach seiner Schätzung seien dort 36 Millionen Euro nötig, um die Bezahlung an den Flächentarifvertrag anzupassen.
Der Berufsverband forderte, die Länder und Kommunen müssten ihre Finanzierung erhöhen. Nach Einschätzung des Städte- und Gemeindebundes fehlen den Kommunen aber mitunter die Mittel. "Das hat nichts mit einer geringen Wertschätzung zu tun", sagte ein Sprecher. Viele Kommunen hätten finanziell einfach wenig Spielraum.
Reinhard Biere ist Vorsitzender des DOV-Gesamtvorstands und spielt Geige im WDR-Sinfonieorchester. Orchestermusiker könne je nach den Bedingungen ein schwieriger Job oder ein "Traumberuf sein", sagte er. Als Musiker sei es aber immer toll, diesen Beruf zu wählen.
(dpa/MH)
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Berufsverband: Orchester im Osten oft unterfinanziert
(27.01.2016 – 16:50 Uhr)
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