München (MH) – Standing Ovations im Münchner Herkulessaal – mit dieser singulären Reaktion feierte das Publikum das Debüt von Dirigent Christian Thielemann beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (BRSO), aber vor allem die phänomenale Wiedergabe der 5. Symphonie von Anton Bruckner.
Nachdem Thielemanns erster Auftritt beim BRSO 2021 durch die Corona-Pandemie vor leerem Saal per Videostream und mit kleiner besetzten Strauss- und Schumann-Werken hatte stattfinden müssen, stand am Freitag und Samstag Bruckners Fünfte live vor vollem Haus auf dem Programm.
Thielemann hatte die "Phantastische" in München natürlich schon als Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker (2004- 2011) aufgeführt. Aber die Beziehung zwischen dem BRSO und dem Dirigenten muss eine ganz besondere sein, das steht nach den Konzerten fest.
Die Erwartungshaltung bekam bereits nach den spannungsvollen ersten Pizzicato-Takten der Introduktion Futter – eine solche Pianissimo-Kultur eines romantisch-groß besetzten Orchesters ist weltweit zu suchen. Dann zeigte sich das Phänomen, wie ein Dirigent nahezu jeden Orchesterton in persönlicher Beziehung zu jedem Musiker einzeln zu erschaffen scheint und trotzdem mit unglaublichem Überblick wie magisch zusammenfügt.
Thielemann hat an energievoller Fokussierung – auch körpersprachlich – gewonnen und bringt – auswendig dirigierend – die Idee des Werks in wie zwangsläufig-momentan alternativlos scheinender Weise zum Schlussakkord. Dabei erhalten der 2. Satz mit dem von Schmerzempfinden gezeichneten Adagio Tiefe, der Dritte, das Scherzo, eine Zwischendurch-Lebensfreude. Im 4. Satz – berühmt-berüchtigt durch seine Doppelfugen-Struktur und das alle Kontrapunkt-Finessen und Themen samt Choral-Ernst vereinende Finale – war Schnappatmung garantiert, angesichts dieser Dichte, Spannung und Klangpräsenz der schönsten Art. Überzeugender und eindrucksvoller kann man die Fünfte nicht zum Klingen bringen.
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(mk/wa)
(Redaktionshinweis: Der Artikel bezieht sich auf das Konzert am Samstagabend.)
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