Böse Biederkeit: "Pelléas et Mélisande" in München

10. Juli 2024 - 11:39 Uhr

München (MH) – Es war ein mit freundlichem Applaus bedachtes Sängerfest und ein orchestraler Ohrenschmaus: Claude Debussys "Pelléas et Mélisande" bei den Münchner Opernfestspielen. Trotzdem bleibt von dieser Premiere im Prinzgregententheater am Dienstag der Eindruck von Irrelevanz. Das liegt daran, dass Regisseurin Jetske Mijnssen Debussys einzige Oper zu einem biedermeierlichen Salondrama reduziert, in der die zerrissene Familie um Altkönig Arkel, Prinz Golaud, dessen und Pelleas' Mutter Geneviève und Melisande konsequent dem Ende entgegensteuert. Und zwar ausschließlich zwischen in Dunkelheit getauchter Salontristesse, Schlafzimmermüdigkeit und Geheimnistuerei hinterm Paravent. Vereinzelte dunkle Möbel auf Fischgratparkett im Neonlichtrahmen des Bühnenkastens – und das war’s. Maurice Maeterlincksche Naturmystik? Fehlanzeige. Und das im Jahr der Klimaveränderung 2024. Wichtige Dimensionen des Werkes – einfach gekillt.

"Pelléas et Mélisande"

"Pelléas et Mélisande"

Doch wer sich für Debussys harmonische und instrumentale Finessen abseits großer Melodien begeistert, für den ist die Produktion ein Fest. Hannu Lintu führt das Bayerische Staatsorchester bei seinem Debut im Herzschlag-Modus feinsinnig durch die Partitur. Das Sängerensemble ist beglückend einig in der Auffassung von Transparenz und Gestaltung. Jeder Ton, jede Phrase eine Freude bei Sophie Koch als Geneviève, Ben Bliss bei seinem Pelléas-Rollendebut, Sabine Devieilhe als Mélisande und Franz-Josef Selig als Arkel.

Wieder einmal ein darstellerisches und stimmliches Ereignis ist Christian Gerhaher bei seinem Rollendebut als Golaud: Er formt eine unglaublich intensive und präsente Charakterstudie des selbstzerstörerischen Brudermörders und erntete vor heimischem Publikum gediegene Beifallsstürme.

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(mk/wa)

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