Bayreuth (MH) – Ein großartiges Sängerensemble, eine profunde Orchesterleistung und eine im besten Sinn komplexe Inszenierung voller ästhetischer Momente haben das "Tristan und Isolde"-Premierenpublikum der Bayreuther Richard Wagner-Festspiele am Donnerstag richtiggehend begeistert.
Die Produktion ist eine echte Teamarbeit. Regisseur Thorleifur Örn Arnasson gibt dem von den Handlungssträngen her schwierigen Werk Struktur, Sascha Zauners Lichtführung ist wie magisch. Semyon Bychkov führt zuverlässig und teilweise mit Liebe zum Klangzauber durch den Abend. Der größte Verdienst ist aber, bei diesem Sängerwerk ihnen den Klangteppich zu bereiten – so entwickelt das gesamte Ensemble große Strahlkraft. Andreas Schager platziert sich als aktuell wohl bester Tristan, eine wunderschöne Stimme, sogar im Heldenforte mit Legatokultur, wie mühelos auch die Pianofreude feiernd, außerdem mit beispielhafter Textbehandlung – besser geht’s nicht. Und auch Camilla Nylund: Schöner gestaltend, höhen- und tiefensicher und mit stilsicheren Affekten kann man auch die Isolde nicht auf die Bühne bringen. Christa Meyer ist eine charaktervolle Brangäne – die Zwischenrufe im 2. Akt mit instrumentaler Stimmauffassung sind Höhepunkte im Zusammenspiel mit dem Orchester. Olafur Sigurdason wird als markiger Kurwenal mit enormer Bühnenpräsenz gefeiert. Günther Groissböck ist als Marke und Birger Radde als Melot perfekt besetzt.
Selten überzeugt eine die Mehrdeutigkeit des Werks so sichtbar machende Regie so wie die der aktuellen Tristan- Neuproduktion. Ästhetische spannende Bilder (Bühnenbild: Vytautas Narbutas) voller Andeutungen einerseits und Symbolkraft andererseits – wie das als in der Stoffdimension als einsame Insel, Brautkleid, Gefängnis und Tagebuch verstehbare Kostüm Isoldes im 1. Akt – geben dem Publikum auch eigene Assoziationsräume. Der zwischen Schiffsmaschinenraum und weiblicher (?) Wunderkammer changierende Bühnenraum im 2. Akt verleiht der Handlung viele Dimensionen. Das berührende Leiden der Titelfiguren im 3. Akt beweist auch die Schauspielkunst von Schager und Nylund.
Fazit: Diese "Tristan und Isolde"-Produktion in Bayreuth ist ein großer Musiktheaterwurf.
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(mk/wa)
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