Cecilia Bartoli: "Pfingstfestspiele zu einer verschworenen Familie zusammengefügt"

13. Mai 2016 - 11:15 Uhr

Salzburg – Die Mezzosopranistin Cecilia Bartoli (49) ist seit 2012 Intendantin der Salzburger Pfingstfestspiele. Sie hat den Ableger des weltbekannten Sommerfestivals zu einem Renner im Festspieljahr der Mozartstadt gemacht. Nun hat sie die "West Side Story" auf den Spielplan gesetzt – und tritt selbst darin auf. "Die Rolle der Maria liegt mir sehr nahe", sagt sie im Interview.

Cecilia Bartoli

Cecilia Bartoli

Frage: Gehört nicht einiger Mut dazu, bei den Salzburger Pfingstfestspielen erstmals ein Musical zu programmieren?

Antwort: Am Willen, gegen den Strom zu schwimmen, und einer gewissen Risikofreude mangelte es mir noch nie. Glücklicherweise hatte ich bei der Gestaltung des Programms und der Themenwahl der Festspiele schon von Anfang an komplette Freiheit.

Frage: Jetzt also Leonard Bernsteins "West Side Story".

Antwort: Was dieses musiktheatralische Meisterwerk anbelangt, würde ich die Genrebezeichnung gar nicht so sehr auf "nur" Musical einengen wollen. Schon Bernstein wollte sich da nicht genauer festlegen lassen und meinte, eine der großen Herausforderungen jeder "West Side Story"-Produktion bleibt: "…to tread the fine line between opera and Broadway…" (etwa: den schmalen Grat zwischen Oper und Broadway zu beschreiten).

Frage: Kann man da von einer originären amerikanischen "Oper" sprechen?

Antwort: Stilistisch finden wir in der "West Side Story" einen Mix verschiedener Kompositionselemente. Die reich und fein ausgearbeitete Orchesterpartitur, die elektrisierende Vielfalt der Rhythmen und dazu die unglaublich inspirierten Melodien spiegeln viele Facetten und Mythen der Fünfziger und des Melting Pot, der New York immer schon war. Und ja, man könnte wirklich von originärem Musiktheater, einer eigentlichen amerikanischen Oper sprechen.

Frage: Wie gewohnt, übernehmen Sie im Hauptwerk der Festspiele wieder eine tragende Rolle. Singen Sie erstmals in einem Musical? Welche besonderen gesanglichen Herausforderungen bietet dieses Genre?

Antwort: Norman Reinhardt als Tony und ich stammen beide aus der Welt der Oper – aber ich muss auch sagen, dass mir als Musicalfan die Melodien und Hits aus "West Side Story" seit jeher vertraut sind, und auch die Rolle der Maria, ihr Charakter, liegt mir sehr nahe. Das Latino-Temperament entspricht mir und lässt mich als gebürtige Römerin auch immer wieder über die Ewige Stadt, über mein Rom, als Ursprung jeglicher lateinischen respektive latinohaften Lebensart nachdenken.

West Side Story

West Side Story

Frage: Ihr Vertrag als Intendantin der Pfingstfestspiele wurde bis 2021 verlängert. Welche Akzente wollen Sie in den kommenden Jahren setzen?

Antwort: Auch in den kommenden Jahren werde ich versuchen, den Pfingstfestspielen jeweils ein Motto zu geben und ein Thema durch verschiedene Prismen zu betrachten.

Frage: Sie sind die erste Frau an der Spitze der Pfingstfestspiele. Warum gibt es eigentlich immer noch so wenige Frauen in künstlerischen Leitungspositionen?

Antwort: Da müssen Sie die Entscheidungsträger fragen. Aus meiner Perspektive kann ich nur sagen, dass es für mich eine große Ehre ist, in einem so geschichts- und prestigereichen Festival wie Salzburg meine künstlerischen Ideen verwirklichen zu dürfen. Und ich fühle mich glücklich und bin sehr dankbar, dass sich in diesen vergangenen fünf Jahren die Künstler und Mitarbeiter der Festspiele zu einer "verschworenen Pfingstfamilie" zusammengefügt haben und ungeheure Leidenschaft und Einsatz für die bestmöglichen Festspiele geben!

(Die Fragen stellte Georg Etscheit, dpa)

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(13.05.2016 – 11:00 Uhr)

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