Oldenburg (MH) – Das Lebkuchenherz blinkt im Takt. Das glückliche Ende der jungen Liebe zwischen dem Tiroler Burschen Tonio und der Regimentstochter Marie ist nur noch wenige Akkorde entfernt. Das schlichte "I mog Di" auf dem Herzen ist eine zarte, aber beständige Liebeserklärung gegen widrige Umstände. Und als sich beide schlussendlich schmachtend in die Arme sinken, da atmet nicht nur das Publikum auf, auch der Soldatenchor wischt sich mit übergroßen Taschentüchern die Tränen aus dem Auge. Zu schön!
Es sind augenzwinkernde Szenen wie diese, die die heute nur noch selten gespielte Oper "La fille du régiment" von Gaetano Donizetti am Staatstheater Oldenburg am Freitag zu einem veritablen Erlebnis machten. Regisseur Felix Schrödinger zeigt ein Händchen für eine überzeugende Stückentwicklung ohne großes Beiwerk, dafür aber mit humorvollen Spitzen. Kaum Kostüme, noch weniger Kulisse. Das Wenige aber sitzt bis ins Detail.
Im Großen Haus des Staatstheaters entwickelt sich die Regimentstochter von einer zunächst rein konzertanten zu einer halbszenischen Aufführung. Die dichte, temporeiche Ouvertüre gehört ganz dem glänzend aufgelegten Staatsorchester unter der Leitung von Vito Cristòfaro. Im Laufe der folgenden zwei Stunden und zehn Minuten gelingt es den Musikern, fabelhaft mit Donizettis volkstümlichen und melodisch eingängigen Arien zu spielen und Chor (pointiert, einstudiert von Thomas Bönisch) wie Solisten ein best bereitetes Bett zu geben.
Die Geschichte des 1840 an der Pariser Opéra Comique uraufgeführten Stückes ist schnell erzählt. Als Baby wird Marie (fabelhaft: Seeyeon Lee) von den Soldaten des 21. Regiments auf dem Schlachtfeld gefunden und aufgezogen. Feldwebel Sulpice (Ill-Hoon Choung) ist eine Art Übervater für das Mädchen, das nicht nur Liebling der Soldaten, sondern mittlerweile auch stolze Marketenderin des Regiments ist. Bei einer Wanderung in den Bergen rettet ihr der junge Tiroler Tonio (herausragend: Philipp Kapeller) das Leben. Die beiden verlieben sich – dem Happy End stehen jedoch zunächst das Regiment und Maries wieder aufgetauchte Mutter, die Marquise de Berkenfeld (mimisch und gesanglich stark: Hagar Sharvit), im Wege. Letztere will aus Marie eine adlige Dame machen und sie standesgemäß verheiraten.
Die Tragik zum 3/8-Takt könnte nicht größer sein: Während Tonio aus Liebe ins Regiment eintritt und die Kameraden am Lagerfeuer bei Marshmellows und Bier mit der brillant gesungenen Arie "Ah! mes amis" zu überzeugen sucht, wird Marie auf das pompöse Schloss ihrer Mutter gebracht. Das schneidige Mädchen wird hier zu einem rosa Bonbon im Rokoko-Kleid, doch kurz vor der anstehenden Verheiratung mit einem Herzog siegt doch die wahre Liebe. Marie und Tonio dürfen heiraten. Schmerz, Schmacht und Sehnsucht entladen sich in tosendem Applaus.
Mit "La fille du régiment" bringt das Staatstheater eine beschwingte komische Oper auf die Bühne, in deren Mitte die junge Südkoreanerin Sooyeon Lee als Marie mit glockenreinem Sopran und großer Spielfreude verzaubert.
(Von Corinna Fuchs-Laubach)
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