Musikrat-Generalsekretär kritisiert Ökonomisierung der Musik

14. September 2012 - 09:07 Uhr

Berlin – Eine zunehmende Ökonomisierung der Musik hat der Generalsekretär des Deutschen Musikrats, Christian Höppner, kritisiert. Im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin musik heute verwies er auf die Schließung und Fusion von Orchestern. Auch manch überehrgeizige Eltern interessiere beim Musikunterricht vor allem, was sie für ihre "Investition" bekämen. "In unserer ökonomisierten Verwertungsgesellschaft" fehle das Bewusstsein, "dass Musik, abgesehen von ihren positiven Wirkungen, ein förderungswürdiger Wert um ihrer selbst ist", sagte Höppner in dem am Freitag veröffentlichten Interview (Link am Ende der Meldung).

Immer mehr Kindern werde die ganze Bandbreite der kulturellen Vielfalt Deutschlands vorenthalten. Vielfach werde in den Elternhäusern Musik nicht vermittelt. In Grund- und Hauptschulen "finden bis zu 80 Prozent der Musikstunden nicht statt oder werden fachfremd erteilt", so Höppner. Eine "Eventisierung" der musikalischen Bildung und die steigende Zahl von Projekten könnten kein Ersatz für Kontinuität und qualifizierte Vermittlung sein: "Musik muss Hauptfach werden", laute seine Forderung.

Im Bereich der Kindertagesstätten plädierte Höppner für eine musikalische Grundbildung von Erzieherinnen. Auch in allgemeinbildenden Schulen fehle es an Fachlehrern. "Gerade in unserer komplexer werdenden Welt" seien pädagogische und fachliche Kompetenzen wichtig. Das sei eine Herausforderung an die Hochschulen, die jedoch ebenfalls entsprechende Rahmenbedingungen bräuchten: "Schulmusik ist der teuerste Studiengang, denn er ist – zum Glück – sehr komplex angelegt."

Dass 100.000 Kinder auf einen Musikschulplatz warten, nannte Höppner "nur die statistisch erfasste Spitze des Eisbergs". Die Bedürfnislage sei viel umfänglicher. Die geringen Einkommen besonders freischaffender Musiklehrer seien ein gesellschaftspolitischer Skandal und eine gefährliche Entwicklung. "Wer ist denn noch bereit, zu solchen Bedingungen zu arbeiten?" Schon jetzt gebe es bei einzelnen Instrumenten einen Fachkräftemangel.

(wa)

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