Bayreuther "Tristan": Überraschendes Buh-Konzert für Katharina Wagner, Jubel für Musiker

02. August 2016 - 10:05 Uhr

Bayreuth – Als ihre Version von "Tristan und Isolde" im vergangenen Jahr bei den Bayreuther Festspielen Premiere feierte, zeigte Katharina Wagner sich danach kurz dem Publikum. Hand in Hand mit ihrem gesamten Team verriet nur ihre umherwirbelnde, blonde Mähne die Anwesenheit der Festspielchefin. Viele Zuschauer dürften die Regisseurin so schnell gar nicht erkannt haben.

Katharina Wagner

Katharina Wagner

In diesem Jahr war die 38-Jährige ein bisschen forscher. Gemeinsam mit ihrem Regie-Team trat sie nach der Aufführung am Montagabend zum Schlussapplaus zaghaft einen Schritt nach vorne – und löste ein Buh-Konzert von weiten Teilen des Publikums aus. Das brachte sie zum Lachen, doch sie wirkte überrascht. Schien es im vergangenen Jahr doch so, als stoße ihre überaus düstere Interpretation der großen, tragischen Liebesoper ihres Urgroßvaters Richard Wagner überwiegend auf Zustimmung.

Auch in diesem Jahr bietet ihre Inszenierung eigentlich wenig Anlass für einen solchen Protest. Zwar gibt es durchaus Längen und einige Redundanzen vor allem im ersten und zweiten Aufzug. Eigentlich aber ist ihre Version der Geschichte durchaus stimmig. Sie zeigt Tristan und Isolde als Liebespaar ohne Ausweg, dem tragischen Ende von Anfang an geweiht: eine Horrorversion der großen Liebe.

Treppen brechen im ersten Aufzug immer wieder weg, wenn Tristan versucht, zu Isolde zu gelangen. Und ganz zum Schluss gönnt sie dem tragischen Liebespaar noch nicht einmal den gemeinsamen Tod, sondern lässt zu, dass König Marke Isolde wegzieht – fort von ihrer großen, toten Liebe.

Im dritten Akt, dem ästhetischen Höhepunkt der Inszenierung, erscheinen Tristan im Fieberwahn immer wieder Schreckensversionen seiner Geliebten. Es sind durchaus beeindruckende Bilder, an denen Wagner im Vergleich zum Vorjahr noch einmal gefeilt hat.

"Wir haben auch an Feinheiten gearbeitet", sagte die Regisseurin im Interview der Deutschen Presse-Agentur vor dem Start der Festspiele. "Wir haben die Isolde im dritten Akt noch etwas abstrakter angelegt, die Masken werden noch etwas fremder. Es ist eine Vision Tristans."

Gefeiert wurde sie dafür am Montagabend nicht – ganz im Gegensatz zu im Grunde allen anderen, die an ihrer Produktion beteiligt sind. Dirigent Christian Thielemann bringt das Festspielhaus mit seiner einnehmenden, gleichsam kraftvollen und einfühlsamen Orchesterführung zum Kochen und erntete sogar einige wenige Ovationen – und auch die Sänger wurden frenetisch und minutenlang gefeiert, mussten beim Schlussapplaus immer wieder vor den Vorhang treten.

Stephen Gould ist ein warmer, emotionaler Tristan, Petra Lang bei ihrem Isolde-Debüt überzeugend und Georg Zeppenfeld als König Marke eine Klasse für sich. Auch Claudia Mahnke, die für die kurzfristig erkrankte Christa Mayer als Brangäne einspringen musste, erwies sich als Glücksgriff.

(Von Britta Schultejans, dpa/MH)

Mehr zu diesem Thema:

Katharina Wagner nach "Tristan" in Bayreuth ausgebuht
(01.08.2016 – 23:31 Uhr)

Katharina Wagners düsterer "Tristan" in Bayreuth gefeiert
(25.07.2015 – 23:57 Uhr)

Weitere Artikel zu den Bayreuther Festspielen

Link:

http://www.bayreuther-festspiele.de

© MUSIK HEUTE. Alle Rechte vorbehalten – Informationen zum Copyright

Mehr zu diesen Schlagwörtern: , , , , , , , ,
Print Friendly