Frankfurt am Main (MH) – Mit Spannung war im Frankfurter Opernhaus am Sonntagabend das Doppeldebüt in Richard Wagners Opernvermächtnis "Parsifal" erwartet worden. Nicht nur Opernlegende Brigitte Fassbaender inszenierte mit ihren stolzen 85 Jahren erstmals Wagners tiefgründig komplexes "Bühnenweihfestspiel". Auch der junge Generalmusikdirektor Thomas Guggeis (31) gab sein Parsifal-Debüt. Mit gewaltigem Jubel beklatschte das ausverkaufte Haus am Willy-Brandt-Platz das überragende Ergebnis ihrer eng verzahnten Zusammenarbeit.
Fassbaender stellt als kluge Menschenkennerin psychologisch nachvollziehbare Charaktere aus Fleisch und Blut auf die Bühne und konzentriert sich auf die besondere Ausdeutung der doppelgesichtigen Kundry. Die Gralsritter sind bei ihr ein zölibatärer Elite-Männerbund der Gründerzeit, der hinter der bürgerlichen Fassade okkulte Rituale pflegt und minderjährige Knaben in seinen Bund zwingt. Klingsor zieht als Conférencier die Strippen im erotischen Brautgarten und herrscht über ein Reich, das mit der unterirdischen Venusgrotte König Ludwigs II. auf Schloss Linderhof identisch ist (Bühne und Kostüme: Johannes Leiacker). Die "Urteufelin" und "Höllenrose" Kundry wechselt ständig als büßende Dienerin und männliches Lustobjekt zwischen beiden Welten hin und her. Parsifals (Ian Koziara) Mitleid gilt auch ihr; erlöst er doch am Ende nicht nur den erstarrten Orden, sondern entlässt zum Schlussgesang "Erlösung dem Erlöser" auch Kundry und Amfortas als modernes, liebendes Paar in die Freiheit.
Guggeis' Dirigat überzeugt mit natürlichen Erzähltempi, einer farbenreichen Klingsor-Welt und fasziniert besonders in den sakral durchfluteten Vorspielen. Den größten Applaus erhalten die drei Rollendebütanten Jennifer Holloway als berührende Kundry, der sonore Gurnemanz von Andreas Bauer Kanabas und Nicholas Brownlee, der die tiefe Verzweiflung des Amfortas überzeugend hervorzuheben versteht. Großes Lob auch für Chor und Extrachor der Oper Frankfurt, die auf Bayreuther Niveau singen und spielen.
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(bb/wa)
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