Johannes Berger – Hoffnungsvolles Talent der jungen Orgelszene

15. Juli 2015 - 11:51 Uhr

Oberaudorf/Kufstein – Johannes Berger ist ein ernsthafter junger Mann. Showgehabe mag er nicht. Eigentlich will er nur eins: gute Musik machen auf der Königin der Instrumente, der Orgel. Schon als Baby leistete er seinem Vater, einem bekannten Kirchen- und Volksmusiker aus Oberbayern, auf der Orgelempore Gesellschaft. Heute, mit 28 Jahren, zählt er zu den begabtesten Nachwuchsorganisten Deutschlands. Und er ist Kustos an einer der bekanntesten Orgeln der Welt, der Kufsteiner Heldenorgel.

Johannes Berger

Johannes Berger

Gerade kommt Berger aus Wien, wo er zusammen mit dem Gustav Mahler-Jugendorchester bei den Festwochen spielte. Auf dem Programm: Béla Bartóks Opern-Einakter "Herzog Blaubarts Burg". Am Pult kein geringerer als Kent Nagano, der künftige Chef der Hamburgischen Staatsoper. Davor war er mit dem renommierten Nachwuchs-Klangkörper auf Europatournee. Im Gepäck die Zweite Symphonie von Gustav Mahler. "Es hat für mich einen ungeheuren Reiz, an fremden Orten neue Instrumente kennenzulernen", sagt Berger. Keine Orgel sei wie die andere. "Das ist ein Kosmos."

Der junge Musiker stammt von einem Bergweiler bei Oberaudorf am Inn. Das Orgelspiel wurde ihm in die Wiege gelegt. "Mich hat dieses Instrument mit den klanglichen Möglichkeiten eines ganzen Orchesters schon immer fasziniert." Schon mit neun Jahren spielt er Bachs wohl populärstes Orgelwerk: Toccata und Fuge d-moll. Mit elf wird er Privatschüler beim Münchner Domorganisten Franz Lehrndorfer. Doch während die meisten Organisten eine feste Stelle als Kirchenmusiker anstreben, versucht Berger, sich als Konzertorganist zu etablieren. Sicherheitshalber vervollkommnet er auch sein Cembalospiel. Und er hat jüngst ein eigenes, kleines Barockensemble gegründet.

Es sei nicht einfach, sich auf dem freien Markt als Organist zu halten, sagt Gerald Fischer, Diözesanmusikdirektor in München. "Der größte Teil der Pflege der Orgelkultur spielt sich doch immer noch im Rahmen der Kirche ab." Und an begabtem Nachwuchs mangele es eigentlich nicht.

Orgelprofessor Harald Feller, in dessen Klasse an der Münchner Musikhochschule auch Johannes Berger gewesen ist, sieht jedoch auch abseits der Kirche durchaus Chancen für junge Organisten. "Die Orgel ist dabei, sich als Konzertinstrument zu emanzipieren." Trotzdem werde es auch weiterhin nur Wenige geben, die ausschließlich vom großen Konzertbetrieb leben könnten. "Es gibt aber viele andere Möglichkeiten, weil Organisten sehr breit ausgebildet sind, als Pädagoge, als Organist und Cembalist in Ensembles für Alte Musik, als Wissenschaftler, als Dirigent oder als Komponist und Arrangeur."

Die Stelle als erster Organist und Kustos an der Kufsteiner Heldenorgel, der größten Freiluftorgel der Welt, hat Bergers junger Karriere einen weiteren Schub gegeben. Das 1931 eingeweihte Instrument sollte ursprünglich an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs erinnern und ist ein Touristenmagnet. Jeden Mittag gibt es ein kleines Konzert – den Dienst teilt sich Berger mit vier weiteren Organisten. "Ich kann da eigentlich spielen, was ich will, Bach, Komponisten der französischen Orgelromantik, aber auch Transkriptionen etwa von Tschaikowskys "Nussknacker" und sogar Jazziges. Das ist für mich auch Repertoirepflege."

Am Schluss des Konzerts erklingt traditionell Friedrich Silchers wehmütiges Soldatenlied "Ich hatt' einen Kameraden." Berger tut sich ein wenig schwer mit dieser militärischen Tradition und auch mit dem inoffiziellen Titel eines "Heldenorganisten". Für ihn sei das Instrument eine Friedensorgel. "Ich könnte mir gut vorstellen, dass man am Schluss vielleicht auch einmal Beethovens Ode an die Freude spielt." Aber solche Änderungen, gar eine Umbenennung der Orgel, sind in Kufstein ein Politikum.

Und was hält er eigentlich von Cameron Carpenter, dem allseits gehypten "Revolutionär an der Orgel", dem punkigen Star der jungen Orgelszene? "Ich finde Carpenter interessant und er ist auch technisch sehr versiert. Aber musikalisch fehlt mir da etwas." Auch Carpenters Faible für die Elektronikorgel teilt Berger nicht. "Mein Ideal ist klar die mechanische Orgel, weil man da noch den direkten Kontakt zu den Ventilen hat und jeden Ton in den Fingerspitzen spürt."

(Von Georg Etscheit, dpa)

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http://www.johannes-berger.de

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