Berlin (MH) – Die legendären Schauspieler Tilla Durieux und Emil Jannings stehen im Zentrum von Oscar Strasnoys Musiktheaterstück "Comeback", das am Freitag in Berlin seine Uraufführung erlebt hat. Der argentinische Komponist vertonte für die Werkstatt-Bühne der Staatsoper das Theaterstück "Jannings und Tilla" des Schriftstellers und Dramatikers Christoph Hein, der auch das Libretto verfasst hat.
"Eben war ich noch der Mittelpunkt und jetzt?" sinniert Tilla, deren Rolle in Strasnoys Stück von zwei Sängerinnen verkörpert wird. Eine der Tillas, gespielt von Maria Husmann, rezitiert ihren Part, während sie bis zur Taille in einem Loch im Bühnenboden steckt. Ihr Double, die Sopranistin Josephine Renelt, stimmt im Wechsel mit ihr einen wehmütigen Sprechgesang an. "Ich habe Heimweh, und ich weiß nicht wonach, vielleicht nach einem glücklicheren Leben", heißt es in Heins Text. Im Alter von etwa 90 Jahren blickt Durieux auf ihren verflossenen Ruhm und die unglückliche Liebe zu dem Kunstmäzen Paul Cassirer zurück.
Während Durieux vor den Nazis floh, arrangierte sich Emil Jannings ohne Skrupel mit dem Hitler-Regime und wirkte auch in Propagandafilmen mit. Auf der Bühne, wo ihm jetzt der Bassbariton Ralf Lukas seine Stimme leiht, konfrontiert Jannings' Neffe Jörg (gespielt von dem Countertenor Johannes Euler) den Uneinsichtigen mit seiner braunen Vergangenheit. Die Mezzosopranistin Nadia Steinhardt übernimmt den Part von Jannings' Ehefrau Gussy Holl, und der Bariton Martin Gerke spielt den untreuen Dandy Cassirer, der 1926 eine Scheidung von Durieux durch Selbstmord verhinderte.
Die Biografien von Jannings und Durieux, die sich im realen Leben nie begegnet sind, lassen Strasnoy und Hein auf der Bühne in zwei parallel verlaufenden Handlungssträngen Revue passieren. Mitglieder der Staatskapelle Berlin untermalen das Geschehen mit stampfenden Staccato-Rhythmen und beschwingten Melodien, die an Swing und Jazz erinnern. Neben Streichern, Bläsern und Klavier kommt auch eine E-Gitarre zum Einsatz. Die musikalische Leitung hat der Berliner Dirigent Max Renne. Im Hintergrund laufen Ausschnitte aus Schwarzweiß-Filmen, in denen Boxer und leicht bekleidete Varietétänzerinnen zu sehen sind – eine Hommage an die Amüsiermetropole Berlin.
"Comeback" wurde am Freitagabend als eine der letzten Staatsopern-Produktionen in der Werkstatt-Bühne vor dem für Herbst geplanten Umzug in das renovierte Opernhaus Unter den Linden uraufgeführt. Das Haus hat das von Ingo Kerkhof inszenierte Stück dem Andenken an seinen kürzlich verstorbenen Chefdramaturgen Jens Schroth gewidmet. Vom Premierenpublikum gab es Applaus und Bravo-Rufe, die Komponist und Librettist persönlich entgegennahmen.
(Von Corina Kolbe)
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