Singschul-Leiterin Anne Langenbach: ECHO Klassik ist auch eine Auszeichnung für die Kinder

10. September 2013 - 11:00 Uhr

Berlin (mh) – Die Singschule an der Peterskirche Weinheim wird in diesem Jahr mit dem ECHO Klassik in der Kategorie Nachwuchsförderung ausgezeichnet. Seit 2003 bietet sie Kindern und Jugendlichen ab dem zweiten Lebensjahr nicht nur musikalische Bildung. Auch soziale Kompetenz, Toleranz und Rücksichtnahme werden gefördert, wie die ECHO-Jury betonte.

Inzwischen sind 250 Schüler in verschiedenen Singgruppen engagiert. Kaum ein Bewohner der badischen Kleinstadt, der nicht ein Kind in den Chören der Singschule hatte. Über die Entstehung und Entwicklung der Singschule sprach das Nachrichtenmagazin musik heute mit der Leiterin Anne Langenbach.

Anne Langenbach

musik heute: Wer hat die Singschule gegründet?

Anne Langenbach: Mein Mann und ich haben 2003 die Kantorenstelle in Weinheim angetreten. Alle Vokalchöre der Gemeinde stehen seitdem unter meiner Leitung.

musik heute: Was war damals Ihre Motivation?

Anne Langenbach: Da es keinen Kinderchor gab, konnte ich mit einem neuen Start und eigenem Konzept die Singschule gründen. Das Singen mit den Kindern liegt mir sehr am Herzen. Kinder entdecken mit ihrer Stimme auch ihre Persönlichkeit und über das Singen öffnen sie ihre Ohren für die Vielfältigkeit der Musik.

musik heute: Was ist das Besondere an der Singschule?

Anne Langenbach: Neben den wöchentlichen Chorproben laufen immer wieder kleinere und größere Projekte. Zum Beispiel haben Jugendliche der Singschule im letzten Jahr das Liederbuch "Jetzt wärd gsunge" herausgegeben, nachdem sie Lieder der Region gesammelt und neu gesetzt hatten. Schon dreimal hat die "Musicalautorengruppe" ein eigenes Stück auf die Bühne gebracht.

Über Musikvermittlungsprojekte, die überwiegend auf Chorfreizeiten stattfinden, bringen wir den Kindern zeitgemäß klassische und auch moderne Musik nahe. Seit fast drei Jahren arbeitet die Singschule auch inklusiv. Es singen derzeit in vier der Chorgruppen Kinder mit Behinderungen, was unsere Arbeit sehr bereichert.

musik heute: Wie hat sich die Schule in den zehn Jahren entwickelt?

Anne Langenbach: Im ersten Jahr habe ich überwiegend mit Kindergarten- und Grundschulkinder gearbeitet. Über die Jahre kamen immer mehr dazu, so dass ich Mitarbeiterinnen einstellen konnte. Inzwischen sind es zehn Chorgruppen. Wir ergänzten das Angebot um das Eltern-Kind-Singen, und viele der Kinder blieben über die Jahre dabei, so dass wir nahezu jedes Jahr eine neue Chorgruppe aufmachen konnten. Die Singschule ist sozusagen "nach oben" gewachsen. Seit vier Jahren gibt es auch einen Jugendchor, die "vivida banda".

musik heute: Wie haben Sie auf die Verleihung des ECHO reagiert?

Anne Langenbach: Wir haben uns natürlich riesig gefreut. Damit hatten wir wirklich nicht gerechnet. Jetzt sind wir natürlich stolz und dankbar, denn dieser Preis ist für uns ein großes Zeichen der Wertschätzung unserer Arbeit. Dass diese auf der "großen Musikbühne" so wahrgenommen wird, freut und motiviert uns sehr. Für die Kinder ist der Preis zudem eine Auszeichnung dafür, dass sie neben Schule und anderen Freizeitaktivitäten einen zum Teil großen Anteil ihrer Freizeit dem Musizieren in den Chören widmen.

Jugendchor

musik heute: Was machen Ihre Kinder und Jugendlichen, wenn sie erwachsen sind? Bereitet der Unterricht auch auf weitere Ausbildung vor, etwa für ein Studium?

Anne Langenbach: Die ältesten der Singschulkinder sind in der Kursstufe, viele davon haben Musik als Neigungsfach gewählt, auch Musik als Studienfach steht bei mehreren zur Disposition. Je nach Fachbereich (Gesang, Orgel) bieten wir auch eine Studienvorbereitung. Einige der Jugendlichen machen derzeit eine Chorleitungs-Ausbildung im Rahmen der kirchlichen C-Kurse.

musik heute: Wie schafft es ein vierköpfiges Team, 250 Kinder vom Krabbelalter bis zum Jugendlichen zu unterrichten?

Anne Langenbach: Die zehn Chorgruppen, die sich wöchentlich treffen, umfassen jeweils zehn bis 40 Kinder. 22 Kinder sind derzeit in der sogenannten "Stimmbildungsklasse", das heißt, sie bekommen einzeln oder zu zweit Gesangsunterricht. Das ist gut zu schaffen.

Alle Projekte, die wir darüber hinaus veranstalten, können nur stattfinden, weil sich viele Eltern und Gemeindeglieder ehrenamtlich einbringen, auf Freizeiten mitfahren, die Küche versorgen, bei Musical-Projekten Kostüme nähen und Kulissen malen und vieles mehr.

musik heute: Wie finanziert sich die Singschule?

Anne Langenbach: Die Kinder und Jugendlichen zahlen einen kleinen Beitrag. Die Singschule wird ansonsten getragen von der Ev. Gemeinde an der Peterskirche Weinheim und dem Freundeskreis Kirchenmusik an der Peterskirche Weinheim e.V.. Über Spenden freuen wir uns immer!

musik heute: Was für Projekte bereiten Sie als nächstes vor?

Anne Langenbach: Am 19. und 20. Oktober  führen wir das Musical "Krach bei Bach" auf, das von Rainer Bohm im Jahr 2000 für die Leipziger Kinderoper komponiert wurde. Im November nimmt der Jugendchor am Chorwettbewerb Baden-Württemberg teil. Für nächstes Jahr hat der "Musicalautorentreff" schon ein Stück konzipiert, das nun ausgearbeitet wird. 2014 sollen einige der Chorgruppen im Herbst das Requiem von Johannes Brahms mit der Kantorei zusammen singen, was mit verschiedenen Musikvermittlungsprojekten vorbereitet werden wird.

musik heute: Und wie sehen Ihre weiteren Pläne aus?

Anne Langenbach: Wir haben noch viele Projekte vor! Die Inklusionsarbeit möchten wir gerne ausbauen, genauso, wie wir verstärkt begabte Kinder fördern möchten.

(Die Fragen stellte Wieland Aschinger.)

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