F wie Fünftes Klavierkonzert von Rachmaninov

27. April 2011 - 20:25 Uhr

"Was für ein Fünftes Klavierkonzert?", mag sich mancher Klassik-Fan bei der Überschrift fragen. Und sein Werkverzeichnis wird bestätigen: Sergej Rachmaninov (1873-1943) hat nur vier Klavierkonzerte komponiert:

Sergej Rachmaninov (Foto: Bain News Service / gemeinfrei)

Nr. 1 op. 1 in fis-moll (1891)
Nr. 2 op. 18 in c-moll (1901)
Nr. 3 op. 30 in d-moll (1909)
und
Nr. 4 op. 40 in g-moll (1926).

Ist etwa ein verschollenes Werk aufgetaucht? Tatsächlich hatte Rachmaninov 1889 – im Alter von 16 Jahren – mit der Komposition eines Klavierkonzerts begonnen und die Skizzen verworfen. Aber er griff das Fragment später wieder auf und brachte es in sein Opus 1 ein. Dieses und das op. 40 hat der Komponist zwar 1917 bzw. 1941 revidiert. Dennoch blieb es bei vier Klavierkonzerten.

Trotzdem hat der altehrwürdige Notenverlag Boosey & Hawkes 2007 die Partitur für ein Fünftes Klavierkonzert von Rachmaninov veröffentlicht. Am 21. November 2008 wurde es von Denis Matsuev in Paris uraufgeführt. Im selben Jahr kam eine CD-Einspielung des Werkes auf den Markt, mit Wolfram Schmitt-Leonardy am Klavier. Bei YouTube gibt es einen Konzertmitschnitt der russischen Pianistin Valentina Lisitsa aus dem Jahr 2010 in Rotterdam. Und erst vor kurzem (20. März 2011) hat Christopher Park das Klavierkonzert "Nr. 5" in der Frankfurter Alten Oper aufgeführt, Zeitungen wie die Frankfurter Rundschau berichteten darüber.

CD-Cover Piano Concerto "No. 5"

Aber wie kann es ein Fünftes Klavierkonzert von Rachmaninov geben, wenn der Komponist nur vier geschrieben hat?

In Wirklichkeit handelt es sich bei dem 5. Klavierkonzert um ein Arrangement von Rachmaninovs 2. Symphonie, das der russische Pianist Alexander Warenberg 2007 geschaffen hat. Keineswegs leichtfertig hat er das Originalwerk bearbeitet. Die Symphonie zu einem Klavierkonzert zu arrangieren, war nicht einmal seine eigene Idee.

Es war Pieter van Winkel, Chef des Labels Brilliant Classics und selbst Pianist, der seinem früheren Professor schon 2000 die Idee unterbreitet hatte. Warenberg lehnte zunächst ab. Doch van Winkel fragte er immer wieder nach, drei Jahre lang. Erst auf die persönliche Bitte von Alexandre Rachmaninov, dem Enkel des Komponisten, wagte sich Warenberg an das Experiment.

Fünf Jahre lang arbeitete Alexander Warenberg an dem Arrangement. Er wandelte die vier Sätze der Symphonie in ein dreisätziges Werk um, was der Struktur von Rachmaninovs eigentlichen Klavierkonzerten entspricht. Warenberg kürzte den ersten und letzten Satz, ebenso die beiden mittleren Sätze. Deren Bestandteile stellte er um und schuf damit einen neuen 2. Satz. Vor allem aber fügte er dem Werk eine Klavierstimme hinzu und veränderte große Teile der Orchestrierung.

Warenberg hat die Symphonie sorgfältig und mit viel Sachverstand bearbeitet. Klanglich fügt sich sein Arrangement durchaus harmonisch in Rachmaninovs Werk. Ob der Zuhörer dem Original oder der Bearbeitung den Vorzug gibt, ist natürlich Geschmackssache. Ein Vergleich der Symphonie mit dem daraus entwickelten Klavierkonzert lohnt aber allemal.

(wa)

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