Verliebt wie im wahren Leben: Netrebko und Eyvazov begeistern in "Manon Lescaut"

02. August 2016 - 11:45 Uhr

Salzburg – Die Salzburger Festspiele ohne Anna Netrebko, das ist wie Salzburger Festspiele ohne Mozart. Die russische Sopranistin gehört fast schon zum Inventar des weltweit renommierten Musik- und Theaterfestivals. 2002 startete sie hier in einer legendären Inszenierung von Wolfgang Amadeus Mozarts "Don Giovanni" als Donna Anna ihre atemberaubende Karriere. Netrebko wird längst und zu Recht in einem Atemzug genannt mit Diven wie der unvergessenen Maria Callas.

Anna Netrebko, Yusif Eyvazov

Anna Netrebko, Yusif Eyvazov

Seit ihrem Salzburger Debüt hat sich die Netrebko von einer hoch begabten, jungen, noch etwas unerfahrenen Sängerin zur unumstrittenen Primadonna assoluta gewandelt. In diesem Jahr ist sie zwar "nur" in einer konzertanten Opernaufführung zu erleben, in Giacomo Puccinis Musikdrama "Manon Lescaut" mit dem bestens präparierten Münchner Rundfunkorchester unter Marco Armiliato. Doch was sie am Montagabend in der ersten Aufführung einer Serie von insgesamt drei konzertanten Opernabenden an Klangschönheit, stimmlicher Dramatik und überzeugender körperlicher Präsenz bot, war absolute Sonderklasse.

An ihrer Seite ihr neuer Ehemann, der aserbaidschanische Tenor Yusif Eyvazov. Die beiden hatten sich, wie österreichische Medien berichteten, just bei einer Aufführung von "Manon Lescaut" kennen und lieben gelernt. Vergangenes Jahr heiratete das Paar mit einigem Pomp in Wien, mit weißer Kutsche und Prunkfeuerwerk. Die "Bunte" schwärmte von einer "Hochzeit wie aus dem Opern-Bilderbuch". Der Sohn eines Universitätsprofessors ist Netrebkos zweiter Mann. Zuvor war sie mit dem uruguayaischen Bassbariton Erwin Schrott liiert. Aus dieser Verbindung stammt Netrebkos Sohn Tiago.

Beim konzertanten Opernabend im Großen Festspielhaus wirkten Netrebko und Eyvazov, sie in einem mit 35.000 Glitzersteinen besetzten Traum aus dunkelblauer Seide und Tüll, er in einem grauen, silbern abgesetzten Gehrock, wie ein frisch verliebtes Paar. Ihre Zuneigung schien ganz natürlich, nicht opernhaft. Eyvazov spielte den Studenten Renato Des Grieux, der sich in Manon Lescaut, eine bildhübsche, Luxus liebende junge Frau verliebt. Die etwas verquaste Geschichte endet irgendwo in der US-amerikanischen Einöde, wohin Manon deportiert wird – ihr rachsüchtiger, ältlicher, aber reicher Aushälter Geronte hat sie angezeigt. Des Grieux folgt ihr aus freien Stücken.

Manon Lescaut ist eine von Netrebkos Paraderollen. Besonders ergreifend ist der kurze vierte Akt, in dem Manon in den Armen ihres Geliebten in dunkelsten, süßesten Klängen ihr Leben aushaucht. Netrebko verfügt mittlerweile in allen Lagen, vor allem aber auch den tiefen Registern, über ein stimmliches Fundament, dass ihr nicht nur ermöglicht, Spitzenstöne mit magischer Sicherheit anzusteuern, sondern auch subtilste, delikateste Abschattierungen zu gestalten.

Ihr Lebens- und Bühnenpartner Eyvazov verfügt über eine stimmliche Kraft, mit der er mühelos die Arena von Verona oder die Bregenzer Seebühne beschallen könnte. Leider trägt seine zuweilen etwas scharfe Stimme nur dann wirklich, wenn er in die Vollen geht. In den zurückgenommenen, lyrischen Passagen wirkt sein Organ brüchig. Trotzdem wurde er am Ende fast genauso frenetisch umjubelt wie Netrebko selbst. Er nahm die Ovationen auf Knien entgegen und wischte sich beim Aufstehen die tränenfeuchten Augen. Berührend.

(Von Georg Etscheit, dpa/MH)

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(01.08.2016 – 23:07 Uhr)

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