(mh) – Sechs junge Tänzerinnen und Tänzer aus sechs verschiedenen Kontinenten – sie haben Talent, Disziplin und Perfektionswillen. Mit 5.000 Konkurrenten nehmen sie an dem Ballettwettbewerb "Youth America Grand Prix" (YAGP) teil. Den Gewinnern winken Stipendien an den wichtigsten Ballettakademien oder Engagements bei angesehenen Kompagnien.
Der Weg dahin ist freudvoll, leidvoll, entbehrungsreich. Doch für diese jungen Menschen ist all dies nur eine Herausforderung, ihre Tanzleidenschaft auszuleben, der Verwirklichung ihres Traumes näherzukommen. Der Dokumentarfilm "First Position – Ballett ist ihr Leben" zeigt nicht nur die Hintergründe dieses renommierten Wettbewerbs, sondern auch die Lebensbilder von sechs Tänzern im Alter von zehn bis 17 Jahren, die nicht unterschiedlicher ausfallen können.
Joan Zebastian Zamora zum Beispiel. Der ernsthafte und verantwortungsbewusste Kolumbianer ist Sohn einer frustrierten Ballerina, wie diese im Film selbst zugibt. Mit 16 Jahren verließ er Familie und Heimat, um bei seinem Idol Carlos Acosta zu trainieren und an die Londoner "Royal Ballet School" zu kommen. Oder die 14-jährige Michaela DePrince, Kriegswaise aus Sierra Leone. Durch ein zerknülltes Foto aus einer Tanzzeitschrift entdeckte sie das Ballett. Im Alter von vier Jahren wurde sie von einer Familie aus New Jersey adoptiert, die Michaelas Wunsch nach Tanzunterricht erfüllte.
Wie dicht Freud, Leid, Hingabe und Hoffnung beieinanderliegen, zeigt der Film mit Innenansichten des Wettbewerbs vor, hinter und auf der Bühne sowie durch geschickte Einblendungen. Disziplin, Siege, Niederlagen, Verletzungen und Triumpfe gehören ebenso zum Alltag eines Tänzers wie witzige und auch ungemütliche Begegnungen zwischen Ballettlehrer und -schüler.
Neben fantastischen und ausdrucksstarken Filmsequenzen liegt die Stärke dieser aufwendigen Dokumentation darin, den Ballettschul- und Wettbewerbsalltag zu beleuchten. Hier wird deutlich, dass Karrieren erst im gegenseitigen Engagement von Schule, Lehrer und Elternhaus ermöglicht werden. Regisseurin Bess Kargman und ihrem Filmteam gelingt es, die Vielschichtigkeit und das Faszinosum, das vom Tanz ausgeht, realitätsnah herauszustellen. Zudem zeigen sie, wozu Kinder und Jugendliche fähig sind, wenn sie sich für eine Sache begeistern.
Nicht ohne Grund lautet der Titel doppeldeutig Titel "First Position". Der Begriff bezeichnet die akademische Ballettposition, die auswärts ausgeführte Standposition der Füße, und macht deutlich, wo die porträtierten Tänzer von morgen stehen wollen – an vorderster Stelle, in der ersten Position.
Mit der Preisverleihung bei den Wettbewerben endet der Film jedoch nicht. Auch auf die Frage des Fortkommens bekommen wir von der Regisseurin Bess Kargman Antwort, welchen Weg die Protagonisten einschlagen, Tanz zum Beruf zu machen oder als Hobby weiter zu führen. Darüber hinaus macht der Film neugierig darauf, die Lebensläufe der Nachwuchstänzer nachzuverfolgen, Einblicke in die facettenreiche Ballettwelt allgemein zu bekommen und nachzuvollziehen, wie Kinder und Jugendliche über sich selbst hinaus wachsen.
Bleibt nur noch zu hoffen, dass der Film nach den Tänzern auch das breite Publikum überzeugt und die "erste Position" einnimmt.
(Von Sabine Kippenberg)
"First Position – Ballett ist ihr Leben"
Ascot Elite Filmverleih
Laufzeit 94 Minuten
seit 19. November 2013 erhältlich auf DVD, Blu-Ray und als Mediabook
Link:
http://www.first-position-film.de
Trailer: